Essen-Rellinghausen. . Die Stadttochter GSE hat das Naturdenkmal beim Umbau des alten Rathauses Rellinghausen so stark beschädigt, dass es nicht zu retten ist.
Die bevorstehende Fällung einer rund 100 Jahre alten Linde am ehemaligen Rathaus Rellinghausen hat für Wirbel in der Bezirksvertretung II gesorgt. Auch die untere Landschaftsbehörde befasst sich in ihrer Sitzung am 2. Februar mit dem Thema.
Zwar genießt der Baum als Naturdenkmal besonderen Schutz, war aber durch den Anbau einer Terrasse so massiv in seinem Wurzelwerk beschädigt worden, dass er nach Ansicht eines Baumgutachters von Grün und Gruga nicht mehr zu retten ist. Stadtteilpolitikerin Irmgard Krusenbaum (Grüne), die sich „erschüttert“ zeigte, forderte ebenso wie ihr Fraktionskollege Matthias Klahold, die städtische Gesellschaft für Soziale Dienste (GSE) als Bauherrin zur Rechenschaft zu ziehen.
Bau der Terrasse ist laut Stadt nicht genehmigt
Die GSE hatte das denkmalgeschützte Rathaus für 1,7 Millionen Euro saniert und zu einer Tagespflegeeinrichtung umgebaut. Im Rahmen des Umbaus entstand auch ein Wintergarten samt Terrasse. Deren Bau sei jedoch nicht mit der unteren Naturschutzbehörde abgesprochen worden, heißt es nun in der Vorlage. Darin werden zudem ein Bußgeldverfahren angekündigt und Ersatzpflanzungen in Aussicht gestellt.
GSE-Geschäftsführer Heribert Piel weist die Schuld von sich, schließlich liege eine Baugenehmigung vor. „Wenn also etwas versäumt worden ist, dann bei der Stadt, die die Genehmigung ausgesprochen hat.“ Die Stadt sieht das allerdings anders: So schließe die Baugenehmigung die Terrasse nicht mit ein, da es sich dabei um eine Geländeveränderung handele sagte Stadtsprecherin Silke Lenz.
Linde könnte Backsteinfassade beschädigen
Heribert Piel führt als Grund für die Fällung auch den Schutz des Gebäudes an: So habe ein Experte für historische Bausubstanz darauf hingewiesen, dass die Linde die rote Backstein-Fassade derart verschatte, dass diese Schaden nehmen könnte. Die betroffene Linde sei zudem beim Pfingststurm 2014 stark beschädigt worden.
Die Denkmalwürdigkeit des Baumes habe dadurch gelitten. „Das Rathaus hingegen ist seit der Sanierung wieder ein echtes Schmuckstück, das es zu schützen gilt“, so Piel. Grün und Gruga hatte in dem Baum-Gutachten nachgewiesen, dass die Linde nicht mehr standsicher ist und selbst der Abriss der Terrasse daran nichts ändern könnte. Die zweite Linde aber soll erhalten bleiben.
Bürgerin ärgert Verhalten der Grünen Hauptstadt
Eine Bürgerin, die in der BV II ihrem Ärger Luft machte, forderte ein unabhängiges Gegengutachten und kritisierte die Stadt für ihren schnellen Griff zur Säge: „Dass die Grüne Hauptstadt Europas mit ihrem alten Baumbestand wenig sensibel umgeht, bestürzt Bürger und Naturschützer seit langem.“
Die Liste der Naturdenkmäler werde seit Jahren ausgedünnt, ohne dass neue Bäume hinzugefügt würden. Den ökologischen Wert eines so alten Baumes könnten Nachpflanzungen frühestens in 50 Jahren erbringen. Auch Irmgard Krusenbaum verwies auf das wichtige Mikroklima einer Großstadt: „Die Stadt muss endlich sensibler mit dem Thema Bäume und Planung umgehen und darf die Bestände nicht noch weiter anknabbern.“