Essen. . Die Problemhäuser an der Gladbecker Straße werden versteigert. Ordnungsdezernent sieht Stadt im Kampf gegen Organisierte Kriminalität sieht.
- Die Stadt führt einen erbitterten Kampf gegen die Eigentümer von Schrottimmobilien
- Meistens werden sie bewohnt von Armutseinwanderern aus den EU-Staaten Rumänien und Bulgarien
- Dahinter stecken kriminelle Schlepperbanden, Miethaie und Sozialbetrüger, die solche Migranten hemmungslos auspressen
Razzia-ähnliche Meldekontrollen im Morgengrauen, Ordnungsverfügungen gegen skrupellose Hauseigentümer, Räumung völlig heruntergewirtschafteter Wohnungen: Im Kampf gegen Schrottimmobilien bedient sich die Stadt Essen eines umfangreichen Arsenals.
Dazu gehören neuerdings auch Zwangsversteigerungen. Zum Beispiel an der Gladbecker Straße: Am 21. März um 9.30 Uhr kommen die Häuser 305 bis 309 sowie die Nachbarhäuser De-Wolff-Straße 2 und Hövelstraße 81 am Amtsgericht Essen unter den Hammer.
Mieter sind Armutszuwanderer aus Südosteuropa
Eigentümer dieses Blocks aus Problemhäusern ist ein Gelsenkirchener Kaufmann, die Stadt Essen hat die Zwangsversteigerung beantragt. „Wir beabsichtigen, diese Immobilien zu ersteigern, abzureißen und das ganze Quartier sozial zu stabilisieren“, sagt Ordnungsdezernent Christian Kromberg.
Bewohnt wurden diese Häuser bis zur Zwangsräumung im Oktober 2015 überwiegend von Dutzenden Armutszuwanderern aus den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien.
Die Stadt hegt den begründeten Verdacht, dass diese „Bruchbuden“ fester Bestandteil einer kriminellen „Wertschöpfungskette“ sind, hinter der europaweit organisierte Schlepperbanden und Miethaie stecken.
Stadt sagt Gaunern und ihren Geschäftsmodellen den Kampf an
Es ist ein erbitterter Kampf, den die Stadt seit gut drei Jahren sehr intensiv an der Gladbecker Straße, aber auch anderswo ausficht. „Wir werden alles tun, damit die Gauner dieser Welt solche Geschäftsmodelle in dieser Stadt nicht aufziehen können“, sagt Kromberg.
Durchsuchung in Problemhäusern
Ganz bewusst setzt der Dezernent darauf, dass Razzien und Räumungen, Zwangsversteigerungen oder gar Enteignungen eine abschreckende Wirkung entfalten. Verglichen mit Gelsenkirchen und Duisburg steht Essen in puncto Armutszuwanderung aus Rumänien zahlenmäßig noch einigermaßen gut da.
18.000 Rumänen in Duisburg, 10.000 in Gelsenkirchen und 4020 in Essen
In Duisburg leben 18.000 Rumänen und im halb so großen Gelsenkirchen 10.000, in Essen hingegen sind es lediglich 4020. Essen scheint von der vorteilhaften Lage auf dem Wohnungsmarkt zu profitieren. Denn zwischen Karnap und Kettwig gibt es nachweislich geringere Leerstände als bei den Reviernachbarn.
Interessant bleibt Essen für südosteuropäische Armutszuwanderer trotzdem. Organisierte Schlepperbanden karren ganze Roma-Clans ins Ruhrgebiet, um hier einen Sozialbetrug (Kindergeld, Scheinarbeit, Hartz IV etc.) im großen Stil aufzuziehen.
Von diesem schmutzigen Geld sehen die Migranten selbst – halb Mittäter, halb Opfer – allenfalls nur einen kargen Bruchteil. Es wandert direkt in die Taschen der Immobilienhaie und Zwischenhändler. Deshalb müssen sie sich – oft völlig mittellos und nicht krankenversichert – als Tagelöhner und Schrotthändler, als Bettler und Straßenmusiker oder gar als Prostituierte und Taschendiebe durchschlagen.
Vermüllte Problemhäuser
„Kriminelle Wertschöpfungskette durchbrechen“
„Wir müssen dieser Form der Organisierten Kriminalität Herr werden“, betont der Ordnungsdezernent, der zugleich auf die enormen Kräfte verweist, die diese Aufgabe bindet. Allein im Rathaus kümmert sich ein halbes Dutzend Abteilungen, darunter die Bauordnung, das Jugend-, Einwohner- und Umweltamt bis hin zur Feuerwehr, um Schrottimmobilien.
Längst sind sie in Essen auch dabei, eine Art Schrottimmobilienkataster zu erstellen mit der Absicht, eine Ballung in bestimmten Stadtteilen zu verhindern. Drei kritische Stellen kristallisieren sich bislang heraus: die Gladbecker Straße und Rahmstraße/Palmbuschweg in Altenessen sowie die Zinkstraße in Bochold. Kromberg: „Wir schauen uns alle Immobilien an, die möglicherweise zu einer kriminellen Wertschöpfungskette gehören, und setzen alles daran, diese Kette zu durchbrechen.“
>> ZWANGSVERSTEIGERUNG UND IHRE URSACHE
Auslöser der Zwangsversteigerung Gladbecker Straße sind enorme Zahlungsrückstände des Hauseigentümers. Sie belaufen sich auf rund 100 000 Euro. Auch die Stadtwerke Essen haben hohe Forderungen: Weil der Hausbesitzer Monate lang kein Wassergeld gezahlt hat, sind die Anschlüsse unter der B 224 aufwändig versiegelt worden.
Seit dem 1. Januar 2014 profitieren Menschen aus Rumänien und Bulgarien von der EU-weiten Arbeitnehmerfreizügigkeit. Seitdem ist auch die Armutszuwanderung rasant angestiegen.