Essen. . 100 Beamte von Stadt und Polizei durchsuchten Donnerstagmorgen sieben Schrottimmoblien in Bochold. Aktion gegen Abzocke von Sozialleistungen.

  • Sieben Häuser auf der Zink- und Germaniastraße waren Donnerstag das Ziel einer Razzia
  • 100 Beamte von Stadt und Polizei waren im Einsatz, die Häuser werden überwiegend von Rumänen und Bulgaren bewohnt
  • Ein verdächtiges Indiz: Von 230 gemeldeten Personen wurden in den 56 Wohnungen 81 gar nicht angetroffen

Die Stadt setzt ihren Kampf gegen Schrottimmobilien fort. Donnerstagfrüh, um sieben Uhr waren sechs Problemhäuser auf der Zink- und eines auf der Germaniastraße das Ziel einer aufwändigen Razzia. Gut 100 Beamte von Stadt und Polizei waren im Einsatz.

Die Federführung der Aktion hatte das Ordnungsdezernat der Stadtverwaltung, das durch Kollegen des Jugendamtes, der Bauordnung, des Einwohneramtes und des Jobcenters unterstützt wurde. Gut 60 Polizeibeamte, darunter 40 von der Einsatzhundertschaft, flankierten den Einsatz, der als „Meldekontrolle“ eingestuft wird.

Offiziell sind in den insgesamt 56 Wohnungen 230 Personen gemeldet, durchweg Armutszuwanderer aus den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien. Letztere gehören einer türkischsprachigen Minderheit an, die sich schon während des Osmanischen Reiches im heutigen Bulgarien angesiedelt hatte.

Tagelöhner, Schrotthändler, Diebe

Es sind Menschen, die in ihren Heimatländern diskriminiert werden, oft Analphabeten sind und von mafiamäßig agierenden Schlepperbanden bevorzugt auch ins Ruhrgebiet geschleust werden. Weil die allermeisten auf dem hiesigen Jobmarkt chancenlos sind, schlagen sie sich als Tagelöhner und Schrotthändler, als Bettler und Diebe durch. Auch von Prostitution ist die Rede.

„Es besteht der dringende Verdacht, dass Personen samt ihrer Kinder hier nur angemeldet werden, um in den Genuss von Sozialleistungen zu kommen“, sagt Matthias Blackert, der Sicherheitskoordinator der Stadt. Tatsächlich würden sie sich jedoch in Rumänien bzw. Bulgarien aufhalten.

Für diejenigen, die in den Schrottimmobilien leben, zahlt oft die Stadt Essen Miete und Lebensunterhalt. Von den 230 gemeldeten Personen wurden bei der Kontrolle 81 nicht angetroffen – eine starke Abweichung. Hinzu kamen 17 Personen, die dort nicht gemeldet sind.

Vermüllung und Lärmbelästigung als Dauerärgernis

Die Abzocke von Kindergeld und Hartz IV sei nur eines von vielen Problemen. „Vermüllung und Lärmbelästigung sind ein Dauerärgernis“, sagt der Einsatzleiter der Polizei.

Etliche Keller der Häuserzeile Zinkstraße 10 bis 20 sind bis unter die Kellerdecke zugemüllt. Die Lichtschächte sind demoliert, die Kellerfenster stehen weit offen. Mülltonnen und -container quellen über. Auf den Hinterhöfen liegen ausgeschlachtete Fernseher, Kühlschränke und Elektrogeräte.

In den drei Häusern Nummer 16 bis 20 haben die Stadtwerke unlängst den Gashahn abgedreht. Im Herbst und im Winter bei Kälte und Minusgraden in unbeheizten Wohnungen zu leben, ist eigentlich ein Unding. Polizisten berichten, dass einige Bewohner jetzt die Backöfen und alle vier Herdplatten angestellt hätten.

Neulich brannte Sperrmüll im Keller

Neulich musste die Feuerwehr in der verwahrlosten Häuserzeile einen Kellerbrand löschen. Die Vermutung: Man hatte wohl Holz angezündet, um sich zu wärmen.

Was die Lage für die Ordnungsbehörden verkompliziert: Die Zeile mit den 48 Eigentumswohnungen gehört nicht einer einzigen Person oder Gesellschaft, sondern 19 verschiedenen Besitzern.

Mieter mit 5000 Euro Mietschulden

Unten auf der Straße verfolgt Hausverwalterin Nicole Heitmann den Polizeieinsatz. „Die Eigentümer stehen der Situation hilflos gegenüber“, sagt sie. Aber warum haben sie ihre Wohnungen überhaupt an Personen vermietet, die sich wie Miet-Nomaden gebärden und die Immobilien kaputt wohnen? Die Verwalterin zuckt mit den Achseln. „Ich bin glücklich, dass die Stadt endlich handelt“, sagt sie.

Und berichtet von einem Mieter aus der Zinkstraße, der 5000 Euro Mietschulden habe, ständig betrunken sei, randaliere und die Scheiben einwerfe. Sie habe eine Räumungsklage angestrengt, um den Mann und seine Familie endlich loszuwerden. „Aber die Stadt hat sich jetzt angeboten, die Mietschulden in Raten zu überweisen“, erzählt Nicole Heitmann. Und schüttelt den Kopf.