Essen. . Fast 66.000 Essener können ihre Rechnungen nicht mehr begleichen und gelten als überschuldet. Die Überschuldung erreicht einen neuen Höchststand.

  • Creditreform hat am Donnerstag den neuen Schuldneratlas 2016 vorgestellt
  • Fast 66.000 Essener können ihre Schulden nicht mehr begleichen. Das sind 3500 Betroffene mehr als 2015.
  • In Heisingen ist die Schuldnerquote am geringsten, in der Stadtmitte am höchsten

Die Zahl der überschuldeten Essener ist im vergangenen Jahr wieder deutlich gestiegen. Das geht aus dem „Schuldneratlas 2016“ der Auskunftei Creditreform hervor, der am Donnerstag vorgestellt wurde. Demnach konnten voriges Jahr fast 66.000 Erwachsene in Essen ihre Schulden nicht mehr begleichen. Das sind rund 3500 Betroffene mehr als ein Jahr zuvor.

Die Schuldnerquote nahm um 0,64 Punkte auf 13,59 Prozent zu und erreichte damit einen neuen Höchststand seit Einführung des Schuldneratlasses im Jahr 2009. Mit diesem Anstieg lag Essen mit an der Spitze im Ruhrgebiet. Nur in Gelsenkirchen war das Plus mit 0,95 Prozentpunkten noch höher. Das Ruhrgebiet insgesamt kommt auf eine Schuldnerquote von 13,96 Prozent.

Creditreform sieht prekäre Jobs mit als Ursache für steigende Verschuldung

Als überschuldet gilt eine Person, wenn deren Einkommen nicht mehr ausreicht, in absehbarer Zeit Rechnungen oder Kredite zu begleichen bzw. zu bedienen.

Grafik Schulden Essen.jpg

Vor allem die sogenannten „harten Fälle“ nähmen weiter zu, sagte der für die Region zuständige Geschäftsführer Philipp Böhme. Das heißt: Wenn Schuldner bereits eine Vermögensauskunft abgeben mussten oder ein Inkassobüro vor der Tür stand.

Die Entwicklung überrascht etwas angesichts der auch in Essen recht gut laufenden Wirtschaftskonjunktur. Auch die Arbeitslosenzahlen haben sich zuletzt kaum verändert. Bei Creditreform hat man dafür folgende Erklärung: Zwar sei Arbeitslosigkeit nach wie vor die Hauptursache dafür, warum Menschen in die Schuldenfalle geraten, so Böhme. Allerdings gebe es immer mehr prekäre Jobs. Ein Arbeitsverhältnis schütze also heute nicht mehr im gleichen Maße vor Überschuldung wie vor einigen Jahren.

Keine Hinweise, dass vermehrt Flüchtlinge in die Schuldenfalle geraten

Die Flüchtlingswelle dagegen sei nicht dafür verantwortlich, dass die Zahlen gestiegen seien. „Die vorliegenden Daten lassen keinen Rückschluss darauf zu“, betonte Creditreform. Im Gegenteil: Weil mit den Flüchtlingen die Bevölkerung gewachsen ist, falle die Schuldnerquote insgesamt sogar etwas niedriger aus. „Wie und ob sich der Flüchtlingszuzug auswirken wird, wird man erst in den nächsten Jahren sehen“, so Böhme weiter.

Verbraucherschützer indes beobachten durchaus, dass gerade Flüchtlinge Gefahr laufen, in die Schuldenfalle zu geraten. Sie befürchten, dass unseriöse Anbieter die Unkenntnis und Sprachprobleme ausnutzen und den Flüchtlingen Verträge unterschieben, die sie dauerhaft nicht erfüllen können.

Unterschiede im Essener Stadtgebiet äußerst groß

Unterdessen sind in Essen weiterhin die Unterschiede in den Stadtteilen eklatant. Heisingen ist mit einer Schuldnerquote von 4,27 Prozent der Stadtteil, mit dem ruhrgebietsweit niedrigstem Anteil. Der Postzahlenbereich 45127 mit Ostviertel, Südviertel, Westviertel, Stadtmitte dagegen kommt aktuell auf eine Schuldnerquote von 27,56 Prozent. Immerhin ist die Quote in diesen Stadtteilen gegenüber 2015 gesunken und sie haben damit die rote Laterne im Ruhrgebiet abgegeben. Dennoch ist in Essen die Schere zwischen bestem und schlechtestem Stadtteil ruhrgebietsweit am größten.

Stadtteile mit höchster Schuldnerquote

PostleitzahlAnteil (Veränderung zum Vorjahr)
45127 Ost- , Süd- , Westviertel, Stadtmitte27,56 Prozent (-0,63)
45143 Altendorf, Bochold, Westviertel22,52  Prozent (+0,25)
45139 Frillendorf, Huttrop, Ost-, Südostviertel19,73 Prozent (+0,16)
45326 Altenessen-Nord, -Süd19,42 Prozent (-0,37)
45327 Katernberg, Stoppenberg19,24 Prozent (+0,94)