Essen. 212 Menschen wurden im vergangenen Jahr aus Essen abgeschoben, die meisten kamen aus Westbalkan-Ländern. Über 300 reisten freiwillig aus.
- In Essen sind im vergangenen Jahr 212 Menschen abgeschoben worden, 2015 waren es nur 76
- Gesetzliche Änderungen hätten ein konsequentes Vorgehen erleichert, sagt die Stadt
- Man wolle die Linie trotz einzelner Härten für Betroffene im laufenden Jahr fortsetzen
Die Stadt Essen hat 2016 erheblich mehr Menschen in ihre Herkunftsländer abgeschoben als in den Vorjahren. Von Januar bis Dezember gab es demnach 212 Abschiebungen. Im Jahr 2015 waren es noch 76, 2014 lediglich 59. Der zuständige Ordnungsdezernent Christian Kromberg kündigte an, das Gesetz weiter in aller Konsequenz anzuwenden: „Wir werden die Ressourcen noch verstärken und in diesem Jahr vermutlich noch mehr Personen abschieben.“
Kosovo und Albanien gelten als sichere Herkunftsländer
Kromberg weist darauf hin, dass die aktuelle Steigerung vor allem durch die geänderte Gesetzgebung ermöglicht worden sei: Im Oktober 2015 war das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz in Kraft getreten, das den Kreis der „sicheren Herkunftsländer“ um Albanien und den Kosovo erweiterte. Bei diesen Staaten geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge davon aus, dass den Antragstellern keine Verfolgung droht. Ihre Asylanträge können deutlich schneller bearbeitet werden – und werden meist als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Nach der Ablehnung können Betroffene binnen vier Wochen abgeschoben werden.
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Das macht sich auch in Essen bemerkbar: So stieg insbesondere die Zahl der Abschiebungen von Menschen aus den Westbalkan-Ländern Kosovo, Serbien, Mazedonien, Albanien und Bosnien-Herzegowina im Vergleich zu den Vorjahren.
Dezernent: Abschiebungen sind nur das letzte Mittel
„Essen ist eine weltoffene Stadt“, betont Oberbürgermeister Thomas Kufen. „Allerdings können wir nicht jeden bei uns aufnehmen. Wer nach erfolgloser Asylantragstellung unsere Stadt nicht freiwillig verlässt, muss mit einer Abschiebung rechnen. Die Essener erwarten zurecht, dass wir geltende Gesetze entsprechend anwenden.“
Dass es dabei mitunter zu Härten kommt, wie bei der Familie aus dem Kosovo, die wenige Tage vor Heiligabend frühmorgens aus den Betten gerissen und ins Flugzeug gesetzt wurde (wir berichteten), bestreitet Kromberg nicht. „Aber wir haben viele solcher Familien in der Stadt, wo soll ich da die Grenze ziehen?“
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Es könne nicht sein, dass die bleiben dürften, die Unterstützer für sich mobilisierten und auf Zeit spielten. „Alle Betroffenen wissen, dass sie ausreisepflichtig sind und erhalten mehrfach das Angebot, das freiwillig zu tun.“ Tatsächlich sei 2016 in Essen auch die Zahl der freiwilligen Ausreisen gestiegen: 318 Personen seien einer Abschiebung so zuvorgekommen. „Die Abschiebung ist immer nur die Ultima Ratio, und vor allem für Kinder schwer zu ertragen“, räumt Kromberg ein. Es sei daher wichtig, dass Antragsteller aus sicheren Staaten erst gar nicht in kommunale Unterkünfte kämen und sich hier einlebten. „Wir haben schon Ende 2015 gefordert, dass Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive in Landeseinrichtungen unterkommen.“