Essen. . Moussa Conde (21) aus Guinea macht derzeit seinen Schulabschluss nach. Sein größter Wunsch für 2017: eine Lehrstelle als Elektriker.
- Weil seine Eltern in Guinea das Schulgeld nicht bezahlen konnten, kam Moussa Conde nach Deutschland
- In Windeseile lernte er Deutsch und schrieb sich für Kurse ein, um Schulabschlüsse nachzuholen
- Doch weil sein Aslyantrag als wenig aussichtsreich gilt, darf der derzeit nicht arbeiten
Es kommen Menschen zu uns, die vor Krieg und politischer Verfolgung flüchten. Und es gibt so genannte Wirtschaftsmigranten. Moussa Conde (21) aus Guinea in Westafrika zählt sozusagen zu einer dritten Kategorie von Migranten, wenn es sie gäbe: Er ist ein Bildungsflüchtling.
„Ich habe zu Hause die zehnte Klasse abgeschlossen und wusste schon immer, dass ich weitermachen möchte, eigentlich auch studieren“, erzählt Conde in bemerkenswert gutem Deutsch. „Doch meine Eltern konnten das Schulgeld nicht bezahlen – es waren 50 Euro im Quartal.“ Moussa ist der älteste Sohn, hat vier Geschwister, alle sind im Dorf geblieben, der Vater arbeitet wechselweise als Bauer und Goldschürfer, die Mutter als Verkäuferin.
Er hörte von Europa, „Bildung war mein wichtigstes Ziel“, also machte er sich auf, reiste durch Mali, Algerien, Marokko, kam dann über Spanien nach Dortmund, landete schließlich in Essen, lebte elf Monate in der Unterkunft für Flüchtlinge in Haarzopf, wohnt mittlerweile in einer eigenen Wohnung in der Innenstadt. Seit Juli 2014 ist er in Deutschland.
Hauptschulabschluss mit 1,5 nachgeholt
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„In der Unterkunft habe ich mich sofort erkundigt, wo ich Deutsch lernen kann“, berichtet er. Conde besuchte dann gleich zwei Kurse – einen in der Gertrudiskirche in der nördlichen Innenstadt, einen anderen in der Diakonie. Zuhause lernte er weiter mit einem Wörterbuch „Französisch – Deutsch“, machte weiter mit einem Programm der Volkshochschule (VHS), das morgens lief, und nachmittags ging es im Fortgeschrittenen-Kurs „Deutsch“ voran.
Im letzten Sommer machte er bei der VHS seinen Hauptschulabschluss nach, Note 1,5. Im Februar wird er den Realschulabschluss mit guten Noten in der Tasche haben.
Zwischendurch hat er sich selbstständig um Praktika gekümmert, schnupperte bei der Evag rein und bei der RWE-Tochter Westnetz, so entstand das Bild von seinem Traumjob: „Ich möchte Elektriker werden.“ In der Tat zählen Mathematik und die Naturwissenschaften zu seinen absoluten Stärken.
„Erwerbstätigkeit – nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde“
Conde, der längst Antrag auf Asyl gestellt hat, trägt immer einen Ausweis bei sich, es nennt sich „Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens“. Darin steht der tückische Satz: „Erwerbstätigkeit nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde gestattet.“
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Conde zuckt mit den Schultern: „Dieser Satz ist ein absolutes Hindernis, ich kann nichts machen.“ Denn jeder Versuch, eine Lehrstelle in Aussicht zu bekommen, scheiterte bislang an diesem Ausweis.
Die Ausländerbehörde gestattet eine Beschäftigung jeweils in Einzelfällen; zum konkreten Vorgang könne man nichts sagen, heißt es dort. Immerhin: Man wolle sich kümmern. Was auch immer das heißt.
Er ist ein Wirtschaftsflüchtling
Denn man muss sich nichts vormachen: In den Augen der Behörden ist Conde ein Wirtschaftsflüchtling, es gibt wenig Grund für die Offiziellen, ihm Asyl zu gewähren. Sein Antrag wird aller Voraussicht nach abgelehnt werden.
Dass der Afrikaner dabei auf dem besten Weg ist, genau einer von den Facharbeitern werden zu wollen, die Deutschland so dringend fehlen und zukünftig noch weiter fehlen werden, ist dabei kein Kriterium.
Was noch für den Afrikaner spricht? Das, was man „Social Skills“ nennt – neben der ganzen Lernerei hat sich Conde freiwillig für die Aids-Hilfe engagiert, die mit dem Berliner Robert-Koch-Institut Afrikaner im Rhein-Ruhr-Gebiet zum Thema Aids befragte; eine große, wichtige Studie ist dabei entstanden. Conde half mit; er spricht drei afrikanische Sprachen fließend.
Conde telefoniert einmal im Monat mit seiner Familie. Es wäre schön, wenn er mal gute Nachrichten zu verkünden hätte.