Essen. Das Schicksal der krebskranken Melisa (8) aus Mazedonien bewegt die Herzen der Essener. Binnen einer Woche spendeten sie über 100 000 Euro. Eine Medizinerin erklärt nun, warum die krebskranke Melisa eine Stammzellen-Transplantation braucht und wie die Erfolgsaussichten sind.

Das Schicksal der krebskranken Melisa (8) aus Mazedonien bewegte die Herzen der Essener. Innerhalb einer Woche spendeten sie über 100 000 Euro für die Stammzellen-Transplantation, die in den nächsten Wochen im Uniklinikum durchgeführt wird. Volontär Marc Wiegand sprach nun mit Prof. Dr. Angelika Eggert, Direktorin der dortigen Klinik für Kinderheilkunde III, über die Krankheit Leukämie, den Ablauf einer Stammzellen-Transplantation und die Heilungsaussichten.

Frau Eggert, Melisa leidet unter Leukämie. Was passiert bei dieser Krankheit?

Eggert: Die genauen Ursachen für Leukämie kennt niemand. Bei der Krankheit bilden sich im Knochenmark, der so genannten Blutfabrik, kranke Blutzellen. Sie überwuchern alles und beeinträchtigen die Produktion von normalen Blutzellen. Die kranken Leukämie-Zellen werden ins Blut abgegeben und wandern in wichtige Organe ein, deren Funktion zerstört wird. Schließlich verstopfen sie Gefäße, so dass der Patient stirbt.

Welche Symptome gibt es?

Bei Kindern ist es häufig so, dass sie die Lust am Spielen verlieren. Sie sind desinteressiert, blass und schlapp. Teilweise haben sie blaue Flecken auf der Haut, Knochenschmerzen und Nasenbluten. Leber, Milz und Lymphknoten sind vergrößert.

Es gibt mehrere Formen der Leukämie, unter welcher leidet Melisa?

Melisa leidet unter der chronisch myeloischen Leukämie (CML). Diese Form kommt bei Kindern eher selten vor. Sie beginnt schleichend, die Leukämiezellen wachsen nicht so schnell. Allerdings spricht diese Form auf eine normale Chemotherapie sehr schlecht an.

Welche Therapieformen gibt es stattdessen?

Früher gab es nur die Knochenmarktransplantation, jetzt gibt es Medikamente zur molekularen Therapie, die gezielt die Vermehrung der Krebszellen blockieren. Sie können die Erkrankung mehrere Jahre lang stabilisieren.

Warum ist bei Melisa nun so dringend eine Transplantation erforderlich?

Bei ihr ist es zu einem Blastenschub gekommen, bei dem sich plötzlich ganz viele Leukämie-Zellen im Blut befinden. Dies ist mit Medikamenten nur schwer in den Griff zu bekommen. Anders als bei Melisas erster Leukämie-Erkrankung wird nun statt einer Knochenmark-Transplantation eine Blutstammzellen-Transplantation mit zusätzlicher Immuntherapie vorgenommen. Wir erhoffen uns so eine größere Wirksamkeit.

Was passiert dabei genau?

Es ist ein bisschen wie beim Blutspenden. Die Armvene von Melisas Schwester wird an ein Gerät angeschlossen, das die Stammzellen aus dem Blut herausfiltert. Diese werden im Labor aufbereitet und gereinigt, bevor Melisa sie zugeführt bekommt.

Wie sind die Heilungsaussichten?

Eine Transplantation führt bei rund 50 Prozent der Leukämie-Patienten zur Heilung. Bei der CML sind die Erfolgschancen etwas höher.

Welche Risiken gibt es?

Das Hauptrisiko ist die Infektionsgefahr. Zunächst wird mittels einer Chemotherapie Melisas Knochenmark zerstört. Bevor die zugeführten Spenderzellen bei ihr die Arbeit aufnehmen, gibt es eine dreiwöchige Phase, in der die normale Blutproduktion stillsteht. Der Ausfall von roten Blutkörperchen und Blutplättchen wird mit Blutkonserven kompensiert. Das Problem sind die fehlenden weißen Blutkörperchen. Als Gesundheitspolizei sind sie für die Abwehrkräfte zuständig.

Wie wird dies aufgefangen?

Die Patienten kommen sechs Wochen in einen speziellen Raum mit keimfreier Luft. Sie werden vorsorglich u.a. mit Antibiotika behandelt.

Melisas Behandlung soll 100 000 Euro kosten, wie kommt diese Summe zustande?

Die Medikamente gegen Infektionen sind teuer. Die Aufbereitung der Stammzellen, die Pflege im keimfreien Raum und die Blutkonserven sind weitere Kostenfaktoren. Hinzu kommen die mikrobiologischen und virologischen Untersuchungen im Labor.

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