Essen. . Das bischöfliche Gymnasium am Stoppenberg wird 50 Jahre alt. Ein Fachkongress mit 250 Gästen, der am Mittwoch startete, beendet das Jubiläumsjahr.
Jungen aus Arbeiterhaushalten des Essener Nordens sollte eine echte Bildungs-Chance geboten werden, und die Erziehung sollte „partnerschaftlich“ stattfinden, ausdrücklich gesucht wurden „neue Wege“: So steht es in der Gründungs-Urkunde des Gymnasiums am Stoppenberg – vor 50 Jahren, 1966, nahm die Schule ihre Anfänge in einer Baracke in Katernberg-Beisen.
Bistum Essen war innovativ in Bildungsfragen
Die Schule war somit das erste Ganztags-Gymnasium in Nordrhein-Westfalen, bis heute hat sich der etwas ungewöhnliche Begriff „Tagesheimschule“ gehalten; Schulleiter Rüdiger Göbel sagt: „Von Anfang an ist an dieser Schule familienergänzend gearbeitet worden.“
Das heißt: Kindern und Jugendlichen sollte tatsächlich ein Zuhause geboten werden, „es war eine völlig neue Idee von Schule, die dahintersteckte“, so Göbel. Das Bistum Essen, dem die Schule gehört, hat sich also damals, es war ja selbst noch keine zehn Jahre alt, als absolut innovativ in Sachen Bildungsfragen erwiesen. Die erste städtische Ganztagsschule, die Gesamtschule Bockmühle in Altendorf, wurde erst 1972 gegründet.
Verein „Ganztagsschulverband“: Fachleute treffen sich in Stoppenberg
„Heute sollte jede Schule eine Ganztagsschule sein“, sagt Thomas Bungarten, der am Gymnasium am Stoppenberg Kunst und Deutsch unterrichtet sowie für die Organisation des Ganztags verantwortlich ist. „Ganztagsschulen können einfach mehr als andere Schulen, das betrifft vor allem die Ausbildung der so genannten ,Soft Skills’ bei den Schülern.“
Bungarten meint Eigenschaften, die das menschliche Miteinander ausmachen. „Dazu muss eine Ganztagsschule aber ihren Auftrag ernst nehmen und entsprechend gut ausgestattet sein.“
Bungarten ist im Vorstand des Vereins „Ganztagsschulverband“, der seit Mittwoch mit 250 Fachleuten einen Kongress am Gymnasium am Stoppenberg abhält. Praktiker aus ganz Deutschland sind zu Gast, hören Vorträge, schauen sich Ganztagsschulen in Essen und Umgebung an, bekommen besondere Beispiele für gelungenen Ganztag vorgeführt.
Mit diesem Kongress endet das Jubiläumsjahr des Gymnasiums am Stoppenberg, in dem es eine Schüler-Revue, ein gemeinsames Drachenboot-Rennen für Lehrer und Schüler, ein großes Ehemaligentreffen sowie einen offiziellen Empfang gab.
Werk-Unterricht als Unikum, Mittagessen im Klassenverband
Mehrere Besonderheiten zeichnen bis heute das Gymnasium am Stoppenberg aus, das längst nicht mehr das einzige Ganztags-Gymnasium in Essen ist: Das Mittagessen zum Beispiel wird nicht angeliefert, sondern vor Ort frisch gekocht. Die Teilnahme am Mittagessen ist obligatorisch, die Schüler essen im Klassenverband.
Oder: Der Werk-Unterricht; handwerkliche Fähigkeiten werden vermittelt in den Jahrgängen sieben bis neun; mit diesem Angebot dürfte die Schule so ziemlich das einzige Gymnasium weit und breit sein.
In den Anfangsjahren gab es sogar Hühnerzucht und Landwirtschaft auf dem Schulhof; gemäß dem Motto, zu bilden seien nicht nur Kopf und Herz, sondern auch die Hand. Und nicht zuletzt: „Wenn ich mich recht erinnere, gab es hier immer einen Schul-Sozialarbeiter“, erzählt Lehrer Rainer Hogrebe. Das ist für Gymnasien durchaus ungewöhnlich.
Essens einzige Sekundarschule
„Eine Ganztagsschule hat einfach mehr Zeit, die Schüler im Blick zu halten – besonders dann, wenn es mal kriselt“, sagt Thomas Bungarten. Ein richtiges Nachmittags-Angebot, keine bloße Verwahr-Anstalt, sei dafür Bedingung.
Die Schule fing als Jungenschule an; später kamen, wie fast überall, die Mädchen hinzu. 1968 zog man in das heutige Gebäude am Mühlenbruch, es folgten in direkter Nachbarschaft Haupt- und Realschule; gemeinsam bildet man das bischöfliche Schulzentrum. Letzte beiden Schulen bilden mittlerweile im fünften Jahr Essens einzige Sekundarschule.
Der Kreis der Innovationen – am Stoppenberg wurde er damit geschlossen.