Essen. Zwischen Bottrop, Karnap und Vogelheim läuft seit sechs Monaten das Windrad. Die Emschergenossenschaft ist mit der Energie-Ausbeute bisher zufrieden.

  • Am Sturmshof hat die Emschergenossenschaft fünf Millionen Euro in die Anlage investiert
  • Das Windrad soll helfen, den Energiehunger des nahen Emscher-Klärwerks zu stillen
  • Nach zehn Jahren Laufzeit sollen sich die Investitionskosten amortisiert haben

Wer im Norden Essens nach Landmarken sucht, kommt an Schornsteinen nicht vorbei. Natürlich, da ist die Stahlbramme auf der Schurenbachhalde am Kanal. Und der Doppelbock von Zeche Zollverein. Aber sonst? Schornsteine: der Kokerei Zollverein, der Alu-Hütte, des Müllheizkraftwerks, der Glashütte und des Klärwerks im nahen Bottrop. Genau daneben erhebt sich seit Ende April eine ganz andere, eine moderne Landmarke, aus der es mal nicht qualmt: die neue Windenergieanlage der Emschergenossenschaft.

Windrad ist für schwachwindigen Standort entwickelt worden

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Der Standort könnte nicht passender gewählt sein: Das Windrad des Nordens steht am „Sturmshof“, auf der Stadtgrenze zu Bottrop. Nach einem halben Jahr Laufzeit hat die Genossenschaft jetzt eine erste Bilanz gezogen: Der Windertrag in den Tiefen des Emscherbruchs erfüllt die Erwartungen.

Das liegt natürlich an der Technik: Die Windkraftanlagenbauer von FWT aus Waigandshain im Westerwald gelten als Spezialisten für schwachwindige Standorte im Binnenland. Für fünf Millionen Euro errichteten sie das neu entwickelte 3-Megawatt-Rad an der Emscher, wo man sich ob des Geruchs wirklich über jedes Lüftchen freut. Dieser Wind sei ausreichend, befanden die FWT-Techniker.

Zukünftig soll das Klärwerk energieautark werden

Die Energiewende fängt auch hier im Kleinen an. Der Strom aus der 160 Meter hohen Anlage würde nicht einmal ansatzweise den Strombedarf des nahen Vogelheims oder des gegenüber liegenden Karnaps decken. Nein, die großen Rotoren, die sich über dem Firmengelände der EG-Tochter „Betrem Emscherbrennstoffe GmbH“ drehen und deren Turmsockel in einem alten Klärschlammbecken ruht, sollen dabei helfen, den Energiehunger eines der größten Klärwerke Deutschlands zu stillen, das die Abwässer der Emscher reinigt.

Über eine 500 Meter lange Kabeltrasse ist das Windrad mit dem Werk an der B224 in Welheim verbunden. „Das Windrad ist ein ganz wichtiger Meilenstein auf unserem Weg zu einem energieautarken Klärwerk“, beschreibt EG-Chef Uli Paetzel das Ziel der Investition. Immerhin müssen sich die Rotoren rund zehn Jahre lang drehen, um die Kosten einzuspielen.

Die Rechnung sollte aufgehen: Gerade haben die Techniker die Halbjahres-Inspektion abgeschlossen, rund 1,8 Millionen Kilowattstunden standen da bereits auf der Uhr. Und das windstärkere Winterhalbjahr habe ja gerade erst begonnen, zeigt man sich in der Genossenschafts-Zentrale an der Kronprinzenstraße mehr als überzeugt, auf die erhoffte Jahresleistung zu kommen.

Andere Windrad-Pläne an Falken-Population gescheitert

Dass es die Emschergenossenschaft überhaupt geschafft hat, die Rotoren ans Laufen zu bringen, ist dabei schon eine kleine Sensation. Der Essener Entsorger Harmuth ist mit seinen Windrad-Plänen im Stadthafen unter anderem an einer überschaubaren Falken-Population gescheitert, die ausgerechnet im benachbarten Schornstein der Alu-Hütte nistet. Zu gefährlich seien die Rotoren für die Greifvögel.

Auch die Emschergenossenschaft musste eine strenge Prüfung über sich ergehen lassen: So läuft die ohnehin schon leise Anlage nachts schallreduziert. Übersteigt der „Schattenwurf“ den Grenzwert, schalten sich die Rotoren ab. Wer wohl im Niemandsland unweit der letzten Kohlehalden im Revier über Schatten klagen könnte?

Fledermäuse müssen ebenso geschützt werden

Auch der Flug der Fledermäuse führt zum sofortigen Stillstand. Die Tierchen, die hier in rauer Umgebung leben, sind hoffentlich nicht zu geruchsempfindlich. Wer sich dem Turm nähert, am Ufer der Emscher, braucht jedenfalls eine Nasenklammer und sollte nicht zu empfindlich sein gegenüber Wolken von Eintagesfliegen.

Immerhin, meist drehen sich die Windräder. Und wer die Landmarke sucht: Auf der Gladbecker Straße sieht man den weißen Riesen bereits ab der Bäuminghausstraße.