Essen. . ...und anschließend wieder aufgebaut. Wind und Wetter haben dem 80 Meter hohen Bauwerk arg zugesetzt. Schornsteinbauer müssen schwindelfrei sein.

  • Die sechs Schornsteine der Kokerei werden bis 2018 saniert. Schornstein Nummer 3 hat es besonders erwischt
  • Der 80 Meter hohe Riese wird bis auf eine Höhe von 25 Metern abgerissen und dann wieder aufgemauert
  • Die imposanten Bauwerke sind Landmarken des Welterbes und werden in den Denkmalpfad integriert

Sie sind Wahrzeichen und Landmarke, die von weitem sichtbaren Schornsteine der Kokerei Zollverein. Neben dem Doppelbock auf Schacht XII der ehemals größten Zechenanlage dürften die sechs Backsteinriesen zu den meist fotografierten Bauwerken des Weltkulturerbes zählen. In den kommenden Wochen und Monaten bietet Schornstein Nummer 3 ein selten zu sehendes Fotomotiv: Der 80 Meter hohe Schornstein wird Stein für Stein auf zwei Drittel seiner Höhe abgetragen und anschließend in mühevoller Handarbeit wieder aufgemauert.

Abriss und Wiederaufbau sind Teil der millionenschweren Sanierung der von Fritz Schupp in den 1950er Jahren geplanten Kokerei. Der Architekt orientierte sich an der benachbarten Schachtanlage. Beide genießen heute den Status eines Weltkulturerbes, das in Schuss gehalten werden will.

3,3 Millionen Euro investiert die Stiftung Zollverein dank der finanziellen Unterstützung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) in die Instandsetzung auf dem Kokereigelände.

Abtragung über Bühne im Inneren des Schornsteins

Bei Schornstein Nummer 3 ist es besonders schwerer Eingriff. Wind und Wetter haben dem steinernen Riesen arg zugesetzt. Dessen Substanz hat stärker gelitten als die der anderen fünf Schornsteine. „Warum wüssten wir auch gerne“, sagt Projektleiter Jürgen Thelen. Anhand der unterschiedlichen Färbung der Ziegelsteine sei aber deutlich zu erkennen, dass an den anderen fünf schon in früheren Jahren Hand angelegt wurde. Nicht so an Nummer 3. Zwar sei der Schornstein nicht einsturzgefährdet, aber Mörtelbrocken, die könnten schon herabfallen und im schlimmsten Fall jemanden verletzen. Die Stiftung Zollverein möchte sich so etwas ersparen, ist die Kokerei doch nicht nur winterliche Kulisse für die beliebte Eisbahn. Laut Sprecherin Delia Bösch wird die Stiftung den Denkmalpfad, der jährlich 150.000 Besucher nach Zollverein lockt, nach Abschluss der Sanierung auf die Kokerei mit ihrer imposanten Koksofenbatterie ausdehnen. Da sollte nichts vom Himmel fallen.

© Jochen Tack/Stiftung Zollverein

Das sollen die Schornsteinbauer von Züblin Chimney Refractory sicherstellen, eine der wenigen Firmen am Markt, die auf dererlei Projekte spezialisiert sind und dafür selbst ausbildet. Wer Interesse hat: Schwindelfrei sollten Bewerber schon sein. Und auch sonst ist so ein Abriss nichts, was man allein mit viel Kraft und einem dicken Hammer erledigt. Die Kokereischornsteine bestehen aus einer Außen- und einer Innenwand. Abgetragen werden sie von einer Bühne, die im Inneren des Schornsteins montiert und Stück für Stück abgesenkt wird.

Die abgebrochenen Steine werden mit einer Winde herabgelassen und entsorgt. Sie zu säubern und wieder aufzumauern wäre zu aufwendig und wohl auch zu teuer. „Wir verwenden Steine, die optisch keinen Unterschied machen werden“, sagt Jürgen Thelen.

Eine Station des erweiterten Denkmalpfads

Bis zum Spätherbst soll Nummer 3 auf einer Höhe von nur noch 25 Metern schrumpfen und wieder auf seine alte Höhe emporwachsen.

Saniert werden auch die anderen fünf Riesen. An den Schornsteinen 1,2 und 6 sind die Arbeiten bereits im Gange, Nummer 4 und 5 sind 2017 an der Reihe. Ein Jahr später soll alles fertig sein. Die beiden äußeren Schornsteine sind übrigens jüngeren Datums, in Betrieb genommen wurden sie Anfang der 1970er Jahre nach der Erweiterung der Kokerei. Ihre Nachbarn überragen die beiden um stolze 16 Meter.

Fünf der sechs Schornsteine erhalten nach Ende der Arbeiten einen Deckel, um die Denkmäler besser vor Witterungseinflüssen zu schützen. Auf Schäden überprüft werden sie dann alle zwei Jahre, aber erst in zwei Jahrzehnten sollen die Schornsteinbauer hier wieder etwas zu tun haben. Allein Nummer 6 bleibt oben offen. Dieser Riese wird Bestandteil des Denkmalpfades. Besuchern, die den Schornstein durch einen unterirdischen Gang betreten können, gibt er den Blick auf ein Stück Himmel frei. Schöne Aussichten, auch das.