Essen. Auf den Schienen der Hespertalbahn drehen Tom Tykwer und sein Team für die Serie „Babylon Berlin“. Knapp eine Woche ist das Filmteam in Essen.

  • Eigens für den Dreh wurde eine historische Lok aus Bayern hergefahren
  • Für die Zeit der Dreharbeiten wurde das Hardenbergufer gesperrt
  • 40 Millionen Euro soll die Produktion der Serie kosten

Es knallt, zischt und dampft am Baldeneysee, eine riesige Lok rollt. Das Hardenbergufer ist gesperrt, ein Kamerateam arbeitet in der Dunkelheit: Regisseur Tom Tykwer dreht auf den Schienen der Hespertalbahn. Bekannt ist der Filmemacher für Welterfolge wie „Das Parfum“ und „Lola rennt“. Derzeit entstehen in Kupferdreh Szenen für die Serie „Babylon Berlin“, eines der größten deutschen Serienprojekte. 40 Millionen Euro soll die Produktion kosten.

Ausgebremste Passanten sind nicht ärgerlich über Sperrung

Zwei Männer in neongelben Jacken stehen vor einer Absperrbake. Frierend reiben sie sich die Hände. Die Strecke zwischen dem Lokschuppen der Museumsbahn und Haus Scheppen ist dem Filmteam vorbehalten. Ein Rennradfahrer wird von den beiden Security-Männern ausgebremst, achselzuckend kehrt er um.

Auch zwei Niederländer dürfen nicht weiter und müssen ihre Fietstour auf der anderen Uferseite fortsetzen. Verärgert sind sie nicht, Dreharbeiten seien schließlich etwas Besonderes. Hinter der Absperrung wird die Technik entladen, Kameramänner laufen gehetzt vorbei, ein Klapptisch mit Getränken wird aufgebaut. Am Straßenrand parkt ein Ford A, aus dem Jahr 1928, mit runden Scheinwerfern und grünen Radkappen. Oben an den Schienen stehen die Darsteller. Gleich wird gedreht.

Die historische Lok ist das Herzstück der Dreharbeiten

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Einige hundert Meter weiter wartet eine Lokomotive vom Typ 52.80. Sie ist das Herzstück der Dreharbeiten. Aus dem 580 Kilometer entfernten Nördlingen in Bayern kommt die Lok. Stefan Marganitz hat sie in einer zwölfstündigen Überfahrt am Sonntag nach Essen gebracht. Der 28-Jährige ist Lokführer und auch privat ein Eisenbahn-Narr, engagiert sich beim Bayrischen Eisenbahnmuseum.

Damit er die mit Kohle und Wasser betriebene Lok führen kann, hat er sogar eine Heizerausbildung gemacht. „1943 wurde sie gebaut und im Krieg eingesetzt“, erklärt Marganitz. Er kennt sich aus, erzählt, dass die Lokomotive nach dem Krieg als leichter Güterzug von der Reichsbahn genutzt wurde, bis 1987. Nach der Wende habe das Bayrische Museum das Schmuckstück vor der Verschrottung gerettet. Er und zwei Kollegen kümmern sich während der Dreharbeiten um die Lok.

Ein Location-Scout kontaktierte den Hespertalbahnverein

Und Hans Hampel, Kassierer beim Verein Hespertalbahn, sorgt für einen funktionierenden Schienenbetrieb. Denn die Schienen der Hespertalbahn sind der Grund, warum in Essen gedreht wird, warum die Lok aus Bayern den weiten Weg ins Ruhrgebiet zurücklegte. „Ein Location-Scout hat mich angerufen“, sagt Hampel. Das sind die Personen, die entsprechend finanzieller und künstlerischer Vorgaben nach Drehorten suchen. Essen hat überzeugt.

„Wir fühlen uns geehrt“, so Hampel. Wie viel Geld der Verein für die Dreharbeiten erhält, will er nicht verraten. Doch der Betrag wird den Verein, der zuletzt wegen der Reparatur einer Weiche mit Finanznöten kämpfte, sicher helfen. Gleichzeitig könnten die Filmaufnahmen eine Chance sein, den Verein bekannter zu machen. Aufregend sei es allemal, an Dreharbeiten beteiligt zu sein, erzählt er. Doch es braucht auch Ausdauer, denn gedreht wird bis spät in die Nacht. Für Hans Hampel und alle Beteiligten wird es ein langer Tag am See.