Essen. Vor Asbest im Wandputz warnt die Stadt Essen jetzt auch Schulen und Kindergärten. Die dürfen nun nicht mehr einfach Löcher in Wände bohren.

Die Stadt Essen hat in diesem Sommer neue Handlungsanweisungen zum Umgang mit Asbest veröffentlicht. Adressat sind vor allem Schulen und Kindergärten. Hintergrund: Der krebserregende Schadstoff lauert möglicherweise im Wandputz, in Spachtelmasse und in Fliesenklebern. Das Bohren von Löchern zum Anbringen von Garderoben, Tafeln oder Bildern ist deshalb mit der städtischen Immobilienwirtschaft abzusprechen. Auch Fördervereine, die Renovierungen planen, müssen sich mit den Fachleuten der Verwaltung abstimmen. Nach Angaben der Stadt handelt es sich um reine Vorsichtsmaßnahmen.

Dass ältere Gebäude mit dem krebserregenden Schadstoff belastet sein könnten, ist keine neue Erkenntnisse. Schon Ende der 1980er Jahre ließ die Stadt Schulen und Kindergärten sanieren.

Gefahr beim Abschlagen der Fliesen

Für die Immobilienwirtschaft steht das Thema wieder weit oben auf der Agenda, seit Asbest auch in Putz und Spachtelmasse nachgewiesen wurde; verfeinerte Messmethoden machen es möglich.

Das sei kein Grund zur Sorge, so lange der Putz an der Wand bleibt und die Fliesen am Boden, heißt es. Selbst geringe Mengen an Asbest werden jedoch dann zu einer Gefahr, wenn Fliesen abgeschlagen oder Wände abgeschliffen werden. Wie bei einem Pfund Mehl, das auf einem Tisch liegt: Erst wenn jemand draufhaut, staubt es mächtig.

Bis zu 1,5 Millionen Asbestfasern werden beim Abschleifen freigesetzt. Dies ergaben Messungen im Auftrag des schweizerischen Unfallverbandes, berichtet Diplom-Mineralogin Brigitta Höwing, die für die Stadt als Sachverständige tätig ist.

Knapp 30 Prozent der beprobten Gebäude seien betroffen

Bereits seit zwei Jahren lässt die Immobilienwirtschaft städtische Gebäude, in denen Bauarbeiten anstehen, auf Asbest untersuchen. Das Ergebnis: „Von allen Proben, die wir nehmen, sind 17 Prozent asbesthaltig“, so Brigitta Höwing. Knapp 30 Prozent der beprobten Gebäude seien betroffen. Das Schadstoffbild stellt sich als äußerst diffus dar, so Brigitte Höwing. Mal sei nur eine Wand betroffen, mal nur eines von mehreren Stockwerken. Eine Systematik sei nicht ersichtlich.

Werden die Experten fündig, wird der betroffene Raum mit Folie praktisch versiegelt. Bauarbeiten können ihn nur durch eine Schleuse betreten. Saniert wird der Raum bei Unterdruck. Anschließend wird der betroffenen Bereich gereinigt. Das alles dient vorrangig dem Arbeitsschutz.

198.000 Euro für Sanierung

Dritte sollen gar nicht erst mit Asbest in Kontakt kommen. „Wir versuchen jede Gefährdung auszuschließen“, betont Stadtsprecherin Silke Lenz. Bei einem „normalen Umgang“ in den Räumen, bestehe keinerlei Gefahr. Normaler Umgang? „Das heißt, dass kein Nagel mehr rein und raus soll.“

Dass die Asbestbeseitigung ihren Preis hat, liegt auf der Hand. Im vergangenen Jahr gab die städtische Immobilienwirtschaft 198 000 Euro für die Schadstoffsanierung aus. In einer Kita schlug der Austausch einer einzigen Tür mit 4000 Euro zu Buche.

Verbaut wurde Asbest vor allem in den 1950er und 1960er Jahren. Seit 1993 dürfen asbesthaltige Baustoffe nicht mehr verarbeitet werden.