Essen. . Die Staatsanwaltschaft stellt wegen der Lebens(lauf)-Lüge der Ex-Abgeordneten Petra Hinz die Ermittlungen ein. Warum „kein Anfangsverdacht“ bestehe.
- Nach Lebens(lauf)-Lüge: Ermittlungen gegen Petra Hinz im Anfangsstadium eingestellt
- Staatsanwaltschaft: Es bestehe schlicht „kein Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Straftat“
- Kein Titelmissbrauch: „Juristin“ – anders als „Rechtsanwalt“ – „keine geschützte Bezeichnung“
Ihre Lebenslüge hielt fast drei Jahrzehnte, und als sie beichtete, da geriet die Aufarbeitung einen Sommer lang deutschlandweit und teils darüber hinaus zum medialen Großereignis. In die Wut vieler empörter Bürger auf die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz mischte sich dabei auch der Wunsch nach juristischen Konsequenzen, doch genau dieses Nachspiel vor Gericht bleibt der 54-Jährigen Ex-Politikerin erspart: Wie die Essener Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, hat sie die Ermittlungen schon im Anfangsstadium eingestellt: Es bestehe schlicht „kein Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Straftat.“
Diese Entscheidung dürfte nicht nur jene 59 Personen überraschen, die in den vergangenen Monaten in Essen und anderswo Strafanzeige gegen Hinz erstattet hatten. Was Wunder, dass die Ermittler diesmal ausnahmsweise ausführlich begründeten, warum sie die Akte Hinz zugeklappt haben.
Ermittlungen gegen Petra Hinz: kein Titelmissbrauch
So liege durch Petra Hinz etwa kein Titelmissbrauch (§ 132a Strafgesetzbuch) vor, auch wenn die Bezeichnung „Juristin“, die sie schon 1999 auf den Wahlzettel zum Stadtrat schreiben ließ, nicht zutraf. „Juristin“, das sei – anders als „Rechtsanwalt“ – nun mal „keine geschützte Bezeichnung“.
Und selbst wenn Hinz hie und da in ihrer Vita behauptet hatte, „als Anwältin in einer Kanzlei“ gearbeitet zu haben, sei dies nicht strafbewehrt: Sie habe dies ja nur rückblickend ins Feld geführt, nicht aber aktuell mögliche Mandanten damit getäuscht. Die Staatsanwaltschaft beruft sich hier auf den Bundesgerichtshof.
Anders als mancher SPD-Wähler sehen die Ermittler auch keine Wählertäuschung (§ 108a Strafgesetzbuch) durch Petra Hinz. Denn bei dieser Strafvorschrift gehe es nicht darum, die Wählerschar vor einer Täuschung über einen bestimmten Kandidaten und dessen vorhandene oder fehlende Qualitäten zu schützen. Sondern davor, dass dieser nicht so in die Irre geführt wird, dass er – anders als geplant – überhaupt nicht oder ungültig wählt.
„Keine Verpflichtung, unzutreffende Angaben zu korrigieren“
Noch kniffliger wird es bei der Erkenntnis der Staatsanwaltschaft, dass im Fall Hinz auch kein Betrug (§ 263 Strafgesetzbuch) vorliegt: „Mit der Abgabe des Wahlscheines allein verfügt der Wähler nicht über die Frau Hinz nach erfolgreicher Wahl zustehenden Leistungen“, notiert Oberstaatsanwältin Anette Milk als Sprecherin der Behörde. Genau diese unmittelbare Vermögensminderung aber sei „ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ des Betruges. Dass jemand in den Deutschen Bundestag einzieht, sei nicht von seiner beruflichen Qualifikation abhängig. Für Hinz habe auch „keine rechtliche Verpflichtung“ bestanden, „die unzutreffenden Angaben zu korrigieren“.
Und schließlich: Hinz habe auch keine Urkundenfälschung (§ 267 Strafgesetzbuch) begangen, denn erstens handle es sich bei Internet-Einträgen nicht um Urkunden. Und zweitens geht es bei der Urkundenfälschung nicht um den schriftlichen Inhalt (der kann unwahr sein), sondern um die Frage, ob die Urkunde „echt“ ist, man also auf die Urheberschaft vertrauen kann.
Anhaltspunkte für andere Straftaten sieht die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht. Akte zu.