Essen. . Imam der gemäßigten Salâhu d-Dîn-Moschee empfängt Superintendentin. Marion Greve: „Wir unterstützen reformierende Stimmen in anderen Religionen.“

  • Imam der gemäßigten Salâhu d-Dîn-Moschee empfängt Superintendentin Marion Greve
  • Islamisches Zentrum auf der II. Schnieringstraße in Altenessen gilt als gemäßigt
  • Diese sagt: „Wir unterstützen reformierende Stimmen in anderen Religionen.“

Die II. Schnieringstraße in Altenessen: Einst haben sie in den Hallen auf dieser Gewerbefläche Lastwagen repariert, jetzt nimmt die im Bau befindliche Salâhu d-Dîn-Moschee allmählich Konturen an. Eine muslimische Gemeinde, die ihren angenehmsten Wesenszug gerne herausstreicht: die entschiedene Ablehnung von „Terror, Unrecht und radikal-islamischem Gedankengut“.

Diese Geisteshaltung dürfte Marion Greve, der Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises, den Weg hinauf in den Essener Norden spürbar erleichtert haben. Sie sagt nämlich: „Ich bin gerne der Einladung des Imam gefolgt, denn wir suchen als Evangelische Kirche die gemeinsame theologische und gesellschaftliche Diskussion.“

Marion Greve und Mohamed-Amin Rachid, die Christin und der Imam, die Frau aus dem Abendland und der Mann aus dem Orient. Sie: Oberhaupt der Essener Protestanten. Er: Vorbeter einer der größten arabischen Moscheevereine in Deutschland.

Kritik an Koranverteilern

Die Terroranschläge von Paris und Brüssel sowie die religiös motivierten Verbrechen hierzulande, dazu – als Konsequenz – das wachsende Misstrauen gegenüber dem Islam, machen aus der Begegnung dieser beiden mehr als einen netten Höflichkeitstermin samt Gruppenfoto für die Kirchenzeitung. Sie ist in beklemmenden Zeiten wie diesen ein Politikum.

„Wir sind absolut gemäßigt und warnen vor den Irregeleiteten“, betont Alaaa El-Sayed, Sprecher des 350 Mitglieder zählenden Islamischen Zentrums. Sodann prangert er die Koranverteiler der „Lies“-Stände an, die auch junge Menschen wie die Essener Sikh-Tempelbomber radikalisiert hätten. Er berichtet von tätlichen Angriffen gegen seine eigene Gemeinde, verübt von Glaubensbrüdern radikal-islamischer Moscheen in Essen. Und als man die muslimischen Terroristen von Paris für ihre Massaker im Freitagsgebet als „blutrünstige Monster“ verurteilt habe, seien ihnen stumpfe Todesdrohungen („Wir schlagen euch den Kopf ab“) entgegengeschlagen.

Obwohl an der II. Schnieringstraße schon seit ein paar Jahren gebaut wird, wirkt das Islam- und Kulturzentrum trotz der Kuppeln und Minarette, trotz der filigranen Gipsornamente und der maurischen Fliesen noch ziemlich unfertig. Überall stehen Gerüste und auf Paletten stapelt sich säckeweise Putz- und Mauermörtel. Das geräumige Obergeschoss, das irgendwann das Jugendzentrum und die Veranstaltungsräume beherbergen soll, ist noch fensterloser Rohbau.

Leben auf der Basis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

„Als ich zweieinhalbjährig nach Deutschland kam, wurden mir Sicherheit und Geborgenheit entgegengebracht“, fährt Alaa El-Sayed fort, „deshalb dürfen wir die Menschen hier nicht schlagen, betrügen und bedrohen.“

Mit Marion Greve sind auch Willi Overbeck, der Kultur- und Integrationsbeauftragte des Kirchenkreises, sowie Altenessener Akteure in die Moschee gekommen: Bezirksbürgermeister Willi Zwiehoff (SPD), sein Stellvertreter Klaus Hagen (CDU), der Moderator der Altenessen-Konferenz Klaus Wermker und Pfarrer Axel Rademacher. Beschwörend sagt Letzterer: „Wir müssen die Moscheegemeinden vom Rand in die Mitte der Gesellschaft ziehen.“

Eben vor diesem Hintergrund will die Superintendentin ihren Besuch bei den Salâhu d-Dîn-Leuten als politisches „Signal“ verstanden wissen. Marion Greve: „Wir gestalten miteinander das Leben in der Stadt auf der Basis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – wir lehnen Fundamentalismus und Gewalt ab und unterstützen als Evangelische Kirche die reformierenden Stimmen in anderen Religionen.“