Essen. . Paul Justus Steinsiepe ist „Azubi des Monats“ der Handwerkskammer Düsseldorf. Er wusste schon seit der siebten Klasse, dass er Tischler werden will.
- Paul Justus Steinsiepe will nach seiner Ausbildung als Tischler auf jeden Fall den Meister machen
- Wer „Azubi des Monats“ werden will, darf nicht nur fachlich gut sein
- Handwerk übt scharfe Kritik an Berufsorientierungs-Maßnahmen der Gymnasien
Mit Paul Justus Steinsiepe ist jetzt zum zweiten Mal ein Handwerks-Lehrling aus Essen kammerweit zum „Azubi des Monats“ gekürt worden. Seit dem Beginn des letzten Jahres ehrt die Handwerkskammer Düsseldorf zwölf Mal im Jahr ein junges Nachwuchs-Talent – auch, um für eine handwerkliche Berufsausbildung zu werben. Vor Steinsiepe war im letzten Jahr die angehende Augenoptikerin Charlotte Beckers ausgezeichnet worden.
Er fiel sofort positiv auf
Steinsiepe, soeben 18 Jahre alt geworden, macht seine Tischer-Ausbildung beim Betrieb „Unger und Gronke“, der an der Elisabethstraße im Ostviertel sitzt. Mit „weit überdurchschnittlicher Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft“ war Steinsiepe direkt zu Beginn seiner Ausbildung aufgefallen. „Sie gehen stets sehr umsichtig und planvoll vor und legen Wert auf gründliche Arbeitsvorbereitung“, lobte Kreishandwerksmeister Martin van Beek jetzt bei der offiziellen Titelvergabe. Doch nicht nur Steinsiepes Arbeitsleistungen seien vorbildlich; auch sein Engagement, das Handwerk zum Beispiel bei Verbrauchermessen oder Tagen der Offenen Tür zu vertreten, hätten die Verantwortlichen sehr beeindruckt.
Steinsiepe kam das erste Mal mit Holz in Berührung, da ging er in die siebte Klasse der Franz-Dinnendahl-Realschule in Kray. „Wir hatten das Fach Technik, das hat mir sofort gefallen.“ An seine erste Holz-Arbeit erinnert er sich auch noch: „Einen Messerblock. Diesen habe ich meiner Mutter für ihre Küche geschenkt.“ Nach einem Berufspraktikum im neunten Schuljahr war für Steinsiepe eigentlich alles klar. Er kommt übrigens aus einer Handwerker-Familie: Vater und Großvater sind und waren Maler und Lackierer. „Vielleicht sattle ich eine solche Ausbildung noch drauf“, sagt Steinsiepe, doch was schon fest steht, ist: „Erst mal möchte ich meinen Meister machen.“
Berufsorientierung „mangelhaft“
Die Handwerkskammer nutzt die Präsentation junger, hoffnungsvoller Nachwuchs-Talente, um auch deutlich am bestehenden Schulsystem Kritik zu üben: „Im Jahr 2014 gab es erstmals landesweit mehr Studienanfänger als Auszubildende“, sagt Kammerpräsident Andreas Ehlert. Die Betriebe hätten immer größere Schwierigkeiten, geeigneten Nachwuchs zu finden – was auch an einer mangelhaften Berufsorientierung seitens der Gymnasien liege: „Viele Gymnasien haben immer noch ein Selbstverständnis, das eine Berufsausbildung der Schüler nach dem Abi einfach nicht vorsieht, vor allem keine handwerkliche Berufsausbildung.“ Das sei eine dramatische Fehlentwicklung angesichts weiter steigender Schülerzahlen in den fünften Klassen der Gymnasien. Auch in Essen wechselt mittlerweile fast jeder zweite Grundschüler nach der vierten Klasse auf ein Gymnasium.
Dabei verweisen Ehlert und van Beek auf „hervorragende Möglichkeiten“, die das Handwerk biete – nicht nur finanziell, sondern auch, was die persönliche Entfaltung angehe: „Wer selbstständig ist, führt Regie über sein eigenes Leben.“ Die Zahl der Betriebe, die demnächst einen neuen Inhaber suchten, steige derzeit ständig.
Was für das Handwerk zählt
Zu den Faktoren, die zu den Auswahlkriterien für einen „Azubi des Monats“ zählen, gehören Verantwortungsbereitschaft, auch Engagement außerhalb des Berufs, selbstverständlich handwerkliche Begabung sowie Mitwirkung an Verbesserungen oder Erneuerungen im Betrieb.
Die Schulen haben in den letzten Jahren ihre Berufsorientierungs-Arbeit massiv ausgeweitet.Viele nehmen am Landesprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ teil. Dazu zählen Schnuppertage und Kompetenz-Checks auch in Gymnasien in Klasse acht.