Essen. Hinter der wilhelminischen Fassade des ehrwürdigen Polizeipräsidiums, eines der schönsten im Lande, verbirgt sich eine hochmoderne Einsatzzentrale.
„Gruga an Gruga 13/31“. Kurz und knapp erreicht den Streifenwagen im Essener Norden der Einsatzbefehl aus der Leitstelle des Polizeipräsidiums. „Willkommen in den heiligen Hallen der Leitstelle“ – so begrüßt der Beamte die zehn Leser, für die sich an diesem Mittwoch die Pforte zur Essener Polizeizentrale an der Büscherstraße geöffnet hat.
Die Leitstelle, das Herzstück der Behörde, ist ein klimatisierter und abgedunkelter Großraum, in dem ein halbes Dutzend Polizisten in Uniform mit voller Konzentration bei der Sache sind – und die bauchige Zwei-Liter-Kanne den hohen Kaffeekonsum verrät. Der eine begrüßt den „110“-Anrufer mit „Polizei Essen“, der andere sagt: „Polizeinotruf“. Die Leitstelle ist der Ort, wo die Polizei für den hilfesuchenden Bürger im wahrsten Sinne ganz Ohr ist. 240.000 Mal im Jahr wird die 110 angerufen. Aber bei etwa der Hälfte der Anrufe muss gar kein Streifenwagen ausrücken. Man verweise Anrufer oft ans Rathaus oder einen Rechtsanwalt, heißt es.
Eines der schönsten Präsidien im Lande
Dieser Mittwoch ist ein normaler Tag – ohne Razzien, Demos oder Randale vor dem Stadion. Im Bereich der PI Nord hat sich gerade ein Verkehrsunfall (VU) mit Sachschaden ereignet, zuvor zwei VU in Werden und eine „zugelaufene Person“ aus einem Altersheim.
Die kompetente und kurzweilige Führung durchs Präsidium übernehmen Polizeihauptkommissar Jörg Metz und Polizeioberkommissar Dirk Vennemann, zwei Routiniers, die den Dienst von der Pike auf gelernt haben und denen man anmerkt, dass sie die blaue Uniform gerne tragen.
Zu Beginn des bald zweistündigen Rundgangs deutet Metz auf den Reichsadler im Giebel und den Apollo über dem Portal. „Das Gebäude wurde mitten im Ersten Weltkrieg erbaut.“ Kein nüchterner Zweckbau, sondern ein Zeugnis der Baukunst aus der Kaiserzeit und wohl eines der schönsten Präsidien im Lande.
Bessere Kommunikation seit Gladbecker Geiseldrama
Dass Polizeipräsident Frank Richter die Leser im Foyer sehr locker und aufgeräumt begrüßt, ist mehr als nur eine nette Geste. Seine kurze Ansprache soll vor allem signalisieren, dass das gesamte Polizeiteam für den Bürger da ist – vom Chef bis zum Pförtner. Das von Künstlerhand aufgehübschte und mit Straßenbelag ausgeschlagene Foyer transportiert dieselbe Botschaft. Richter sagt augenzwinkernd: „Es läuft hier nicht so ab wie im Tatort, nicht immer schaffen wir es, den Mörder in anderthalb Stunden zu fassen.“
Es geht vorbei an der „Waffenkammer“, in der nach Dienstschluss Hunderte Dienstwaffen in Schließfächern aufbewahrt werden. Dann betreten die Leser das hochmoderne Lagezentrum, ein mit Monitoren und Rechnern, Telefonen und Beamern vollgepackter Großraum. „Nach dem Geiseldrama in Gladbeck hat sich die Polizei ganz neu aufgestellt und die Kommunikation untereinander verbessert“, sagt Metz.
Die Leser löchern die Beamten mit Fragen. Alfred Altwicker aus Frohnhausen plädiert für mehr Strenge. „Es ist unverständlich, dass Straftäter morgens auf freien Fuß gesetzt und nachmittags erneut festgenommen werden.“ Wie es sich anfühlt, im Gewahrsam hinter Schloss und Riegel zu sein, erleben die Leser nicht. Die meisten Arrestzellen sind belegt, andere werden renoviert. „Trotzdem eine informative Besichtigung“, schmunzelt Friedel Reinhard.