Essen-Frillendorf. Bezirksvertretung tadelt Ratsentscheid, 150 weitere Plätze in Frillendorf zu schaffen. Bezirk I habe ohnehin die meisten Flüchtlinge.

Die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Hubertstraße wird von 250 auf 400 Personen erweitert. Das beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung am vergangenen Mittwoch. In Frillendorf ist man davon keineswegs begeistert. Zwei Tage vorher hatte sich die Bezirksvertretung (BV) I noch einstimmig dagegen ausgesprochen.

„Wenn man grundsätzlich gegen eine Aufstockung ist, dann ist die Container-Lösung auch keine wirkliche“, kommentiert Matthias Molling, Vorstandsmitglied der CDU in Frillendorf. Aufmerksam hatte die CDU vor Ort die Erweiterungen der geplanten festen Unterkunft auf dem Gelände der alten Hauptschule Frillendorf/ehemaliges Flüchtlingsheim von zunächst 100 auf 250 verfolgt. Noch einmal 150 Personen mehr und eine Bebauung des angrenzenden Sportplatzes wollte sie nun keinesfalls mittragen – auch nicht mit dem Kompromiss, die zusätzlichen Plätze ausschließlich auf dem Sport-Gelände in Containern einzurichten. Die sollen voraussichtlich in drei Jahren wieder verschwunden sein. Das hatte am Mittwoch noch die SPD und die CDU im Stadtrat durchgesetzt.

"Wir wollen, dass die Leute aus den Zeltdörfern heraus kommen"

Doch was heißt schon „voraussichtlich“? Dessen ist sich auch der Vorsitzende der BV I, Bezirksbürgermeister Frank Mußhoff (SPD), bewusst. „Nichts ist so haltbar wie ein Provisorium. Wir haben in Frillendorf einfach nicht die Infrastruktur, die vielen Menschen vernünftig zu integrieren“, weist der Sozialdemokrat auf fehlende Schulen und eine, alles andere als üppige, ärztliche Versorgung hin. Der Bezirk I habe die meisten Flüchtlinge in ganz Essen aufgenommen, viele Menschen seien hier in Wohnungen untergebracht worden. „Ich habe zusätzlich meine Zweifel, dass wir genügend Freiwillige hier für einen Runden Tisch zusammenbekommen. Rund um Frillendorf sind Asylbewerberstandorte in fast allen Ortsteilen zu finden, die Ehrenamtlichen müssten wohl nur aus Frillendorf kommen“, vermutet er.

Eine Schimpftirade auf die Parteikollegen im Stadtrat, die die Ergebnisse der BV-Sondersitzung zwei Tage vor dem Ratsentscheid schlicht ignorierten, verkneift er sich allerdings. Dass die großen Fraktionen von SPD und CDU den Widerstand der Vorortparlamente nicht mittragen, ist in der Diskussion um Flüchtlingsunterkünfte auch längst keine Neuigkeit mehr. Ratsfrau Julia Kahle-Hausmann (SPD) begründet: „Wir wollen, dass die Leute aus den Zeltdörfern heraus kommen und können 250 Menschen dauerhaft beherbergen, aber nicht 400. Die 150 Plätze mehr für einen vorübergehenden Zeitraum kann man unter sehr großen Kraftanstrengungen akzeptieren“, stellt sie fest.

Dass die Aufstockung mit dem Deal verknüpft war, künftig die Finger vom Verkehrsübungsplatz zu lassen – hier brachte die Stadt Anfang des Jahres 1500 Plätze ins Gespräch – bestätigt Julia Kahle-Hausmann nicht. Der sei „derzeit“ vom Tisch, sagte Harald Filip, Leiter des Stabes Integration und Flüchtlinge bei der Stadt, in der vergangenen Sitzung der BV I. Man mag sich nicht die Reaktionen vorstellen, sollte sich dies ändern.