Essen. Die Essener Polizei setzt ein neues Einsatzkonzept gegen Attentäter um. Die Gewerkschaft kritisiert die „mangelhafte Sicherheitsausstattung“: zu wenige Schutzwesten, keine schusssicheren Helme.
- Streifenbeamte sollen Amokläufer möglichst schnell stoppen
- Spezialeinheiten sind zumeist später am Einsatzort
- Gewerkschaft vermisst Gesamtkonzept zum Schutze der Beamten
Nach den Terroranschlägen von Paris und Brüssel bereitet sich die Polizei auf eine besonders gefährliche Dimension der Gewalt vor: Ein neues Einsatzkonzept gegen Attentäter wird jetzt vor Ort umgesetzt. Streifenbeamte, die in aller Regel als erste am Einsatzort sind, sollen in die Lage versetzt werden, Amokläufer möglichst schnell zu stoppen – notfalls durch den Einsatz von Schusswaffen und ohne die Unterstützung von Spezialeinheiten, die meist später eintreffen.
„Die Einsatztrainer der Kreispolizeibehörde Essen sind beschult. Sie setzen das Einsatzkonzept in ihrer Behörde um“, bestätigt das Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei, um gleich klar zu stellen: Details zu den vermittelten Taktiken und der Beschulungsstatus der Beamten einzelner Behörden „bleiben vertraulich“.
Polizisten sollen nicht "wie Star Wars-Krieger auftreten"
Die Streifenwagen sind nach Informationen dieser Zeitung bereits mit Maschinenpistolen ausgerüstet und spezielle Schutzwesten, die nach Angaben des Innenministeriums selbst Geschossen aus Langwaffen standhalten sollen, werden zurzeit an die Beamten verteilt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verfolgt das Ganze allerdings mit Argusaugen: „Denn wir vermissen ein Gesamtkonzept zum Schutze unserer Kolleginnen und Kollegen“, sagt Heiko Müller, Vorsitzender der örtlichen GdP-Kreisgruppe.
Die verstärkten Westen reichten allein nicht aus, ist Müller überzeugt. Deshalb fordert die Gewerkschaft zudem schusssichere Titan-Helme, die das Land NRW nach eigener Darstellung nicht anschaffen will, was bereits zu kritischen Nachfragen der Opposition im Landtag geführt hat. Die Antwort des Innenministeriums, es gebe keinen für den Wachdienst geeigneten Helm, der gegen Kugeln aus Sturmgewehren schützt, wie sie terroristische Attentäter benutzen, will Heiko Müller nicht einleuchten. In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen wurden solche Kopfschützer, so martialisch sie wirken mögen, bereits angeschafft. „Natürlich möchten wir nicht, dass unsere Polizisten in der Öffentlichkeit wie Star Wars-Krieger auftreten. Doch wer sie auf Terror-Einsätze vorbereitet, muss auch für ihre höchstmögliche Sicherheit sorgen“, meint Müller.
Pro Streife drei Beamte - aber nur zwei Westen
Schon vermutet die CDU im Land, dass das Innenministerium die Kosten für eine solche Ausstattung nach dem Vorbild anderer Bundesländer scheut, und schon verdichten sich Erkenntnisse, dass es bei der gerade begonnenen Anti-Terror-Ausbildung, die für einen Polizisten 18 Schulungsstunden vorsieht, schon an Übungsmaterialien mangelt.
Zudem sind pro Streifenwagen nur zwei der Schutzwesten vorgesehen. „In der Realität“, sagt Müller, „sind die Fahrzeuge aber meist mit drei Beamten besetzt.“ Immer häufiger seien die Bachelor-Absolventen der Polizei mit auf Streife unterwegs. Der lapidare Hinweis, dass die Frischlinge eigentlich aus brenzligen Situationen herausgehalten werden sollten und deshalb keine Spezialweste benötigten, greift für den GdP-Vorsitzenden zu kurz: „Als Polizist weiß ich doch nie genau, wo die Gefahr lauert.“