Essen. . Essens Oberbürgermeister machte sich vor Ort ein Bild von den Bedingungen, unter den Flüchtlinge dort leben. Die Hilfe aus Essen will Kufen ankurbeln.
- OB Kufen und Sozialdezernent Peter Renzel haben den Nord-Irak besucht.
- Sie machten sich auch ein Bild von der Hilfe, die aus Essen für Flüchtlinge ankommt.
- Ihr Eindruck: Die Versorgung mit Lebensmitteln könnte zum ernsthaften Problem werden.
Das „Ruhrgebiet“ liegt in Kurdistan. Hier, im Norden des Irak, hat die Caritas mit Hilfe von Spenden ein Flüchtlingsdorf aufgebaut. Oberbürgermeister Thomas Kufen und Sozialdezernent Peter Renzel machten sich jetzt selbst ein Bild davon, unter welchen in Bedingungen die Menschen dort leben. Trotz aller Widrigkeiten: „Sie wollen bleiben“, hat Kufen in vielen Gesprächen erfahren. Aber ohne Hilfe geht das nicht. Kufen will nach seiner Rückkehr dafür werben, dass sich auch Essener noch stärker engagieren.
Es ist keine alltägliche Reise, die Kufen in den kurdischen Teil des Nord-Irak geführt hat. Das Flüchtlingsdorf liegt nur 18 Kilometer entfernt von den Stellungen des Islamischen Staates. Eine Hügelkette, gut bewacht von kurdischen Peschmerga, trennt die Flüchtlinge von den Kämpfern des IS. Auch wenn das Gebiet strategisch unbedeutend sei – es bleibt ein mulmiges Gefühl. Der Dank des Gouverneurs der Region gilt so auch zuallererst der militärischen Hilfe aus Deutschland. Kufen nimmt auch diesen Dank entgegen und ist ein wenig peinlich berührt. Gekommen ist er, um auszuloten, an was es den Menschen fehlt. Auch eine Botschaft hat er an die Flüchtlinge im Gepäck: Lasst euch nicht blenden von falschen Versprechungen der Schlepperbanden. „Und ich habe sehr klar gesagt, dass die Qualifikationen, die die Menschen mitbringen, in einem hochqualifizierten Land kaum zu gebrauchen sind. Und wenn jemand in Syrien als Schuster oder als Krankenpfleger gearbeitet hat, dann heißt das nicht, dass er diesen Beruf auch in Essen ausüben kann.“
18 Kilometer bis zum IS
Doch Kufen und Renzel treffen Menschen, die ausharren wollen. „Sie haben die Hoffnung, dass der IS bald niedergekämpft ist und sie zurückkehren können in ihre Städte und Dörfer“, berichtet der OB. Wer diese Hoffnung längst verloren hat, dem fehlen meist die finanziellen Mittel, um sich auf den Weg zu machen.
Die Delegation aus Essen besucht jesidische Familien, die in einem Rohbau eine notdürftige Bleibe gefunden haben. Die Kinder verbringen den Tag damit, indem sie auf dem Großmarkt nach Essensresten suchen. In die Schule gehen sie nicht, weil sie helfen müssen, damit ihre Familien überleben können. „Da wird man sehr nachdenklich“, sagt Peter Renzel.
Im „Ruhrgebiet“ haben sich rund 400 Flüchtlinge den Umständen entsprechend eingerichtet. Mit Hilfe der Handwerkskammer Düsseldorf ist eine Handwerkerstraße entstanden. Eine Bücherei wurde eröffnet und auch eine Bäckerei. Dank der Spenden auch von Essener Unternehmen, Kirchengemeinden, Schulen und Privatpersonen. Hilfe ist willkommen. „Sie brauchen hier dringend einen Müllwagen und ein Fahrzeug, das Fäkalien absaugt“, berichtet Kufen. Zurück in Essen will der OB ausloten, ob sich ein ausrangiertes Fahrzeug findet, oder ob sich eines mit Spenden finanzieren ließe. Renzel will dafür werben, dass weitere Schulen Patenschaften übernehmen und es vielleicht dem Gymnasium Werden gleichtun, dessen Schüler 17 000 Euro an Spenden für das Projekt der Caritas gesammelt haben.
Über allem schwebt ein Damoklesschwert: Die Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen hat die finanzielle Hilfe drastisch zurückgefahren – von 31 Dollar pro Kopf auf neun Dollar, erfahren die Besucher aus Essen. Kufen will sich über den Städtetag dafür einsetzen, dass die internationale Hilfe nicht nachlässt. Es ist ein weiter Weg. Ob die Menschen bleiben werden, oder doch aufbrechen, weil sie keine andere Wahl mehr sehen, hängt vor allem davon ab, ob sie genügend zu essen haben.