Essen-Dellwig. . Anfang des Jahres hatten Nachbarn gegen den Bau des Flüchtlingsdorfs an der Levinstraße protestiert, am Montag ziehen die ersten Flüchtlinge ein.
Anfang des Jahres hatten Nachbarn gegen den Bau des Flüchtlingsdorfs an der Levinstraße protestiert, am Montag ziehen die ersten Flüchtlinge ein. Anwohner und Interessierte hatten schon vorher die Gelegenheit, sich die Unterkunft anzusehen.
Die Matratzen auf den Stockbetten sind noch eingerollt, Pakete mit Steinwolle stapeln sich an der Containerwand. Kühlschränke, Tische und die kleine Spielecke für Kinder sehen noch unbenutzt aus. Ab Montag wird mit den ersten Bewohnern auch Leben in das Flüchtlingsdorf an der Levinstraße einziehen. Viele interessierte Nachbarn sind schon am Mittwochabend durch die Zelte gezogen und haben sich Kantine, Schlafräume und Toiletten angesehen – mit gemischten Gefühlen.
30 bis 35 Menschen sollen täglich ankommen, so dass die 400 Plätze in wenigen Wochen vollständig belegt sein werden. Wer kommt, das wissen auch die Mitarbeiter des Zeltdorf-Betreibers European Homecare und der Stadt nicht genau. „Schätzungsweise werden ein Drittel der Bewohner alleinreisende Männer sein und zwei Drittel Familien, zu denen natürlich auch die Väter gehören“, erklärt Thomas Römer vom Sozialamt. „Sie machen sich häufig zuerst auf die gefährliche Reise, um dann ihre Verwandten nachzuholen.“ Die meisten Flüchtlinge stammten aus Syrien, Irak und Iran, aber auch aus nordafrikanischen Staaten.
„Die tun mir jetzt schon leid“, sagt eine Anwohnerin. Die 54-Jährige Regina ist mit ihrer Familie hergekommen, um sich einen Eindruck von der Bleibe zu verschaffen, in der ihre neuen Nachbarn wohnen werden. „So viele Leute auf so kleinem Raum – ich hatte es mir großzügiger vorgestellt.“ Aber ihr Mitgefühl wird auch von Sorge begleitet. „Wir machen uns schon Gedanken und ich konnte auch die Demonstranten verstehen“, sagt sie.
Anwohner verspüren Tatendrang
Sorgen macht sie sich vor allem wegen der Lautstärke in der Nacht, um die Kinder der Kita und den Sportpark nebenan, um die Masse an Menschen, die nun kommt. „Ich bin auch hierher gezogen, weil es so schön grün war“, sagt die 54-Jährige. „Damit verliert die ganze Wohngegend an Wert und Qualität.“ Und auch andere Anwohner trauern der Wiese hinterher, wo nun die Zelte stehen.
Sozialdezernent Peter Renzel will vermitteln: „Das Ziel ist, die Dörfer so schnell wie möglich wieder vom Netz zu nehmen.“ Zeitlich begrenzte Unterkünfte wie an der Levinstraße seien aber erst einmal notwendig. „Im vergangenen Jahr hat die Stadt ihre Quote nicht erfüllt. 6000 Plätze müssen wir zur Verfügung stellen und das wird erst im Mai 2017 geschafft sein.“
Einige Anwohner plagen nicht nur Sorgen. Sie verspüren auch Tatendrang. Ein runder Tisch hat sich bereits gebildet. „Spenden sind generell erwünscht, vor allem Kinderspielzeug“, sagt Ridda Martini von European Homecare. Kleidung könnten die Mitarbeiter hier aber nicht annehmen, da es keinen Lagerplatz gebe. „Wir freuen uns aber auch über Ehrenamtliche, die bei Behördengängen und Arztbesuchen helfen oder den Neuankömmlingen die Stadt zeigen.“
Zudem seien von European Homecare rund um die Uhr fünf Mitarbeiter, Krankenpersonal und eine Wachmannschaft vor Ort. Denn obwohl das Gelände von einem hohen Zaun umgeben ist, dürfen die Bewohner es verlassen und Besuch empfangen. „Generell sind die Gemeinschaftsräume tagsüber für Besucher offen“, sagt Martini. „Die Schlafräume bleiben privat.“ Nachbarin Regina ist noch unschlüssig: „Wir werden sehen, wie das Zusammenleben funktioniert.“