Essen. Auf Pact Zollverein wird der Kurt-Jooss-Preis vergeben. Düsseldorfs Ballettchef und Juror Martin Schläpfer über Tradition und Zukunft des Balletts
Während in Essen am kommenden Wochenende der „Kurt-Jooss-Preis“ zum sechsten Mal vergeben wird, zeigt das Ballett am Rhein derzeit das berühmteste Stück des großen Choreografen, Tanzpädagogen und Folkwang-Uni-Mitbegründers Kurt Jooss: sein legendäres Antikriegs-Ballett „Der grüne Tisch“. Für den Düsseldorfer Ballett-Direktor Martin Schläpfer, der gemeinsam mit Choreografen-Kollegen wie Reinhild Hoffmann, Nils Christe und Kulturdezernent Andreas Bomheuer aus rund 70 internationalen Bewerbungen die drei für den Jooss-Preis Nominierten ausgewählt hat, die ihre Arbeiten am Samstag auf Pact Zollverein vorstellen, ist es eine besondere Geste. Der bildmächtige Ballettklassiker von 1932 „steht für etwas in der Welt“, sagt Schläpfer. Er beweise, dass der Name Jooss heute „nicht nur Mythos“ sei, sondern für ein Werk voller Zeitbezug stehe.
Preis wird alle drei Jahre verliehen
Die Verleihung des Kurt-Jooss-Förderpreises findet am Samstag, 14. Mai, um 20 Uhr auf Pact Zollverein, Bullmannaue, statt.
Der mit 10 000 Euro dotierte Tanz-Förderpreis wird seit 2001 gemeinsam von der Stadt Essen und der Stiftung Anna Markard (Tochter von Kurt Jooss) und Hermann Markard, im Drei-Jahres-Rhythmus ausgeschrieben.
Für den Preis haben sich 2016 70 Choreographen aus 26 Ländern beworben. Die drei Nominierten kommen aus Südafrika, Deutschland und Israel.
Weil Essen und seine langjährige Tanztradition ohne Kurt Jooss nicht denkbar wären, wird seit 2001 der gleichnamige Preis für junge Choreografen vergeben, gemeinsam von der Stadt Essen und der Markard-Stiftung von Jooss-Tochter Anna, die „Den grünen Tisch“ bis zu ihrem Tod an den Bühnen der Welt einstudiert hat. Sie hat Schläpfer auch noch einmal näher an das Jooss-Werk herangeführt. „Der Tisch war mir als Student gar nicht so lieb, aber irgendwann merkt man, wie zeitlos gut das Stück gebaut ist“, sagt Schläpfer.
Gespür und Leidenschaft
Das „Gespür für Qualität“, vor allem aber „die Leidenschaft in der Pädagogik“ verbinden die Tanz-Ikone Jooss und den vielfach ausgezeichneten Ballett-Direktor ganz besonders. „Der Mensch, der Denker, der nicht stehen bleibt, ist mir Vorbild“, sagt Schläpfer über Jooss. Keine Frage, dass der gebürtige Schweizer in intensiven Jurysichtungen nach den Talenten Ausschau gehalten hat, die diesem großen Vorbild würdig sind. Nominiert habe man mit Oscar Buthelezi (Südafrika), Eyal Dadon (Israel) und Alexandra Waierstall (Deutschland) am Ende „drei Möglichkeiten von Tanz“, sagt Schläpfer, „völlig unterschiedliche, aber ganz grandiose Arbeiten“. Für den 56-jährigen Tanz-Experten, der das Ballett am Rhein in wenigen Jahren zur deutschen Spitzenadresse gemacht hat, sind es „drei Ecken einer Insel, aber trotzdem gibt es eine Mitte“. Um diese Mitte dreht sich vieles in seiner Arbeit. In Schläpfers Kunst ist der klassische Tanz ein Kraftzentrum mit mächtigen Zentrifugalkräften, die Stile und Epochen lustvoll miteinander verwirbeln. Eigene Choreografien kombiniert er dabei mit Meisterwerken der Tanzgeschichte.
Die Werke in der Welt zu halten, vor allem auch die eigenen, damit wird sich Schläpfer in Zukunft stärker beschäftigen. Ensemble und Stücke sollen nicht nur am Rhein für Furore sorgen. „Braucht es noch ein Stück und warum?“, fragt er sich dabei vor jeder neuen Arbeit. Aber man darf sicher sein, dass auf „b.27“ , so der aktuelle Titel seiner nummerierten Abende, noch viele weitere folgen.