Essen-Überruhr. . Für die Menschen ist sie eine Gefahr, für die Tiere ein Leckerbissen: die Herkulesstaude. Nun hat die Stadt Schäfer Sebastian Scholz engagiert.
Die kleine Schafherde im Ludwig-Kessing-Park wirkt, als läge sie faul in der Sonne. Dabei haben die 20 Tiere ihren Job für diesen Vormittag bereits erledigt: Bärenklau fressen. Denn während die Herkulesstaude bei Menschen schlimme Verbrennungen verursacht, ist sie für Schafe ein wahrer Leckerbissen. Genau das nutzt Grün und Gruga im Kampf gegen die Staude und hat Sebastian Scholz und seine Herde beauftragt.
Der Frohnhauser ist inzwischen seit etwa fünf Jahren mit seinen Schafen im Stadtgebiet unterwegs. 100 Tiere hat er, hinzu kommen die Lämmer. Ihr Winterquartier liegt in Dilldorf, wo der 34-Jährige eine Fläche gepachtet hat. Von dort aus fährt er die Schafe in kleinen Herden zu ihren Arbeitsplätzen. Die befinden sich inzwischen auf immer mehr Flächen wie in Überruhr, im Büropark Bredeney, in Burgaltendorf und auf der Margarethenhöhe.
Vom Hobby zum hauptberuflichen Schäfer
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Durch glückliche Zufälle habe er diesen städtischen Auftrag erhalten, sagt der 34-Jährige, der die Landschaftspflege Ende vergangenen Jahres zum Hauptberuf machte. Dabei sei er ein absoluter Quereinsteiger, und die Schafe im heimischen Garten waren zunächst nur ein Hobby, das er mit seiner Frau Ina teilt. Mit ihr zog er bereits so manches Lämmchen im heimischen Wohnzimmer mit der Flasche groß.
Während sie jedoch ihren Job als Arzthelferin behielt, brach er zunächst sein Maschinenbaustudium ab, arbeitete erst als Fahrer, dann als Disponent in einem Sub-Unternehmen der Post. Zeitdruck und Stress sorgten damals zu Hause regelmäßig für schlechte Stimmung, erinnert sich Scholz, der parallel seine Schafherde weiter vergrößerte. Mit der Pleite seines Arbeitgebers ging schließlich die Entscheidung für Selbstständigkeit einher. Der 34-Jährige wagte den Schritt aus voller Überzeugung, da er schon immer sehr naturverbunden gewesen sei.
Jetzt sitzt er morgens spätestens um 5.30 Uhr im Auto und fährt zur ersten Kontrolle, an seiner Seite die Hunde Argos und Bronco: „Die erledigen den Job von fünf Leuten.“ Jede Herde steuert er mehrmals am Tag an, kontrolliert Tiere, Zäune, Wasser und Strom. Er beantwortet Fragen der Spaziergänger und klärt Hundehalter auf, denn manches Schaf sei schon gebissen worden. „Nehmt Rücksicht, ich mache das schließlich für euch, denn Bärenklau ist ein Sauzeug“, appelliert er, bittet darum, die Schafe nicht zu füttern und nicht zu streicheln. „Sie sollen scheu bleiben, damit sie nicht hinter jedem herlaufen.“
Stadt Essen beschäftigt Schafe
Langwieriger Kampf gegen den Bärenklau
Die Tiere bleiben nachts draußen, während für ihren Chef der Sonnenuntergang in der Regel Feierabend bedeutet. Freizeit habe er kaum, Stress aber auch nicht mehr, stattdessen eine Aufgabe, die er mit Herzblut angehe. Die Tiere beruhigen ihn und sind zudem engagierte Mitarbeiter. „Wichtig ist die Kontinuität, um zu verhindern, dass die Pflanzen blühen und Samen bilden“, erklärt der 34-Jährige ihre Arbeit. Die Schafe fressen die Stauden nicht nur hartnäckig ab, sie schubbeln sich daran und knicken die Stiele um. Insgesamt seien sie effektiver als Mähmaschinen, die die Stadt etwa entlang der Radwege einsetzt, um Radfahrer zu schützen.
Die Schafe bleiben je nach Fläche ein bis fünf Tage und kommen vier Mal im Jahr wieder. In der Zwischenzeit mäht auch Sebastian Scholz die Wiesen. Das sei nun ein Pilotprojekt. Studien hätten ergeben, dass Flächen nach etwa sieben Jahren vom Bärenklau befreit sind, wenn dieser derart intensiv bekämpft würde. Erste Erfolge seien bereits sichtbar, sagt Scholz. Allerdings habe sich die Staude jahrelang ungehindert ausgebreitet, „so dass wir jetzt nur noch hinterher rennen.“ Daher sorgt er sich auch nicht um seinen Job. Vielmehr möchte er seinen beruflichen Weg bis zum Schäfermeister weitergehen: „Das ist unser Ding – und mein Traum.“