Essen. . Bauarbeiten für das zweite, 1,5 Millionen Euro teure „Spatzennest“ des Kinderschutzbundes in Borbeck haben begonnen. Bis Weihnachten soll alles fertig sein.

Die Bäume auf dem Gelände in Borbeck sind gefällt, eine Brandbombe, die der Bagger ausbuddelte, entschärft – jetzt steht dem Baubeginn für die neue rund 1,5 Millionen teure Notaufnahme des Essener Kinderschutzbundes nichts mehr im Wege. Bald wird die Bodenplatte gegossen, dann folgen nach und nach die anderen Gewerke, bis das 600 Quadratmeter große Gebäude gegen Ende des Jahres fertig gestellt sein soll.

Noch vor Weihnachten sollen die ersten Kleinen einziehen

Noch vor Weihnachten soll die bundesweit bislang einzigartige Einrichtung für die Jüngsten unter den missbrauchten, misshandelten und vernachlässigten Kindern Essens die ersten Kleinen aufnehmen – und den ständig ausgebuchten Stammsitz des „Spatennests“ an der II. Schichtstraße in Altenessen entlasten, der künftig den über sechsjährigen Kindern vorbehalten bleibt.

Bis zuletzt hat der Essener Kinderschutzbund mit den Jugendämtern in Stadt und Land an dem Betreuungskonzept des neuen Schutzhauses für die ganz kleinen Spatzen gefeilt. Jetzt ist man sich einig, sagte Ulrich Spie, Vorstandsvorsitzender des örtlichen Verbandes, bei einem Ortstermin mit der Architektin Barbara Bause und Baukoordinator Detlef Rösch. Selbst Babys werden künftig in der Einrichtung mit zwölf Plätzen an der Zweigstraße aufgenommen, weil sich in Notfällen offenbar eine zunehmend größere Lücke im Versorgungssystem auftut.

Durch Familienkrisen immer häufiger gefährdete Säuglinge können ohne Erkrankungen oder akute Verletzungen nicht mehr wie bisher in Krankenhäusern betreut werden, so Spie. Ihre medizinische, pflegerische, aber auch therapeutische Versorgung ist in Zukunft aber im neuen „Spatzennest“ gewährleistet, bevor sie an ausgesuchte Pflegefamilien vermittelt werden, weil ihr Wohlergehen bei den eigenen Eltern nicht gewährleistet wäre.

Erweiterung des Angebots war längst überfällig

Die Zahl der Inobhutnahmen nach Misshandlungen, Missbrauch und Verwahrlosung hatte zuletzt einen neuen Höchststand erreicht. 573 Essener Kinder mussten vorübergehend, für längere Zeit, aber auch für immer aus ihrer Familie genommen werden, weil sie akut gefährdet waren. 99 davon waren nicht einmal sechs Jahre alt, jedes dritte Opfer hatte das dritte Lebensjahr noch nicht erreicht.

Rund 100 der Kleinen haben keinen Platz im Altenessener „Spatzennest“ gefunden, sie mussten auf andere Einrichtungen fern dieser Stadt ausweichen.

Die bauliche und konzeptionelle Erweiterung des Angebots des Kinderschutzbundes ist also längst überfällig. „Die Opfer werden immer jünger, die Gewalttätigkeiten immer massiver“, sagt Ulrich Spie, der viel zu viele „erschreckende Fälle“ kennt.

Wie den der zweijährigen Hannah, die neun Monate im Altenessener „Spatzennest“ lebte, bis sie in eine neue Familie fand. Die Kleine war über Wochen körperlich misshandelt worden, stellten Rechtsmediziner fest. Jedes Mal, wenn die Mama aus dem Haus war und das Mädchen weinte, schlug der Lebensgefährte der Mutter auf Hannah ein. Ihren leiblichen Vater kennt sie nicht. Er starb bei einem Autounfall nach ihrer Geburt. Und seine Mutter hat das Kind ebenfalls verloren: Sie besuchte ihre Tochter im „Spatzennest“ nicht ein einziges Mal.

Betrieb wird Ende des Jahers aufgenommen

Die neue Kindernotaufnahme soll Ende des Jahres in Betrieb gehen. Um die Pläne zu realisieren, benötigt der Kinderschutzbund Unterstützer. Spendenüberweisungen unter dem Stichwort „Kleine Spatzen“ sind möglich auf folgende Konten des Kinderschutzbundes: Nationalbank AG, IBAN: DE54 3602 0030 0000 1141 11, BIC: NBAGDE3E, Sparkasse Essen, IBAN: DE70 3605 0105 0000 2907 00, BIC: SPESDE3E

Der Kinderschutzbund stellt Spendenquittungen aus. Nähere Informationen zu der Spendenaktion und dem Bauvorhaben geben Rilana Decker vom Kinderschutzbund unter 49 55 07 55 und NRZ-Redakteur Jörg Maibaum unter 804 26 52.