Essen. . Die kleinen Kinder in der Notaufnahme „Spatzennest“ in Altenessen brauchen erneut die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Die alljährliche NRZ-Spendenaktion zu Weihnachten startet zum 1. Advent

Auf dem Kinderstuhl sitzt der Schmerz besonders tief. Doch auch auf dem Bauteppich, auf der Toilette, in der Kuschelecke lauert er Justin auf. Der Dreijährige will sich nicht hinsetzen. Nirgendwohin. Zu keiner Zeit. Selbst nicht beim Frühstück im Kindergarten. „Mama Aua“, schluchzt der Junge, als ihn die Erzieherin fragt, was er denn habe. Qualen an Körper und Seele.

Unter seiner Kleidung verstecken sich die Zeugnisse der Grausamkeiten seiner Mutter: Blutergüsse. Der Po, die Beine, der Bauch und die Füße des kleinen Jungen sind übersät mit Verletzungen. Ältere und frische Wunden, aufgerissen und entzündet – ein dünnes Metallrohr hat die fiesen Spuren hinterlassen, sagen die Rechtsmediziner. „Mama Aua“ hat den Kleinen systematisch misshandelt, nicht nur körperlich: Wenn die völlig überforderte 20-Jährige – vom Vater des Jungen vor der Geburt verlassen – sich des Nachts mit Freunden trifft, lässt sie Justin allein in der dunklen Wohnung zurück. Essen darf der Kleine nur, wenn sie es will, und nicht, wenn der Hunger ihn beißt.

Bis unters Dach dauerbelegt

Die entsetzte Kindergärtnerin alarmiert das Jugendamt, und Justin landet im „Spatzennest“, der Notaufnahme des Kinderschutzbundes. Dort ist er in Sicherheit und einer von momentan 22 kleinen Bewohnern auf Zeit. Zwei von ihnen sind Schulkinder, der Rest der Kleinen, deren Leben mit Leiden begonnen hat, sind zwischen drei und sechs Jahre alt. „Es werden mehr Kinder und sie werden immer jünger“, sagt Martina Heuer, die Leiterin des Kinderschutzhauses, das im vergangenen Jahr 79 Notfälle aufgenommen hat und in diesem Jahr voraussichtlich 160 ablehnen muss. Die Notaufnahme ist bis unters Dach dauerbelegt und seine kleinen Bewohner hoffen einmal mehr auf die Unterstützung der NRZ-Leserinnen und -Leser.

Die Kleinen, die dort leben, wurden vernachlässigt, misshandelt, missbraucht. Darunter eine steigende Zahl von Kindern, die jede Pflegefamilie überfordern. Mädchen und Jungen, die keine Beziehung mehr aufbauen können, die auffallen durch exzessives Schreien und unkontrollierbare Aggressionen, die einen Platz in einer Erziehungsstelle mit einer intensiven Vollzeitpflege durch Profis benötigen.

Viele dieser Kinder werden in wenigen Wochen zum ersten Mal in ihrem Leben ein Fest ohne Frust, einen Heiligabend ohne Heulen, eine Weihnacht voller Wärme und mit Präsenten erleben, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, den kleinen Bewohnern der Notaufnahme schenken können. Nicht nur Martina Heuer ist noch heute begeistert von der Spendenbereitschaft im vergangenen Jahr. Über 200 liebevoll verpackte Geschenke kamen an. Außerdem wurden mehr als 10.000 Euro überwiesen.

Ein trauriger Trend

In manchem Präsent fand sich ein neues Selbstwertgefühl. Schon die Kleinsten sind superstolz, wenn sie einfach mal etwas Neues zum Anziehen besitzen. Doch genauso freuen können sie sich über eine Karte zum Fest, die ihnen zeigt, dass da jemand an sie denkt, während ihre Eltern sich nicht für sie interessieren oder sich einfach nicht um sie kümmern können. Es ist ein trauriger Trend, der sich da draußen vollzieht, sagt Martina Heuer.

Es gibt zunehmend junge Frauen, die ein Kind wollen, weil sie nach menschlicher Wärme suchen und sie zunächst auch finden. „Um Schwangere kümmert man sich“, weiß Heuer. Doch ist das Baby da, kehrt der Alltag zurück. Und das Kind, das doch immer nur lachen soll, weint, schreit und braucht mehr als jene Zuwendung, die die junge Mutter selber noch nicht gefunden hat.

Wonach Justins Mama heute sucht, ist nicht bekannt. Ein Gericht hat der 20-Jährigen das Sorgerecht entzogen. Der Junge lebt nach 13 Monaten im „Spatzennest“ inzwischen in einem Heim. Die Nähe einer neuen Familie – die wollte Justin partout nicht mehr zulassen.

WUNSCHZETTEL FÜR DAS SPATZENNEST

Zum achten Mal unterstützt die NRZ-Stadtredaktion Essen mit ihrer „Wunschzettelaktion“ die wichtige Arbeit im „Spatzennest“, der Notaufnahme des Kinderschutzbundes in Altenessen. Auch in diesem Jahr bitten wir Sie, die Leserinnen und Leser der NRZ, um Mithilfe. Was können Sie tun? Gemeinsam mit den Verantwortlichen im „Spatzennest“ haben wir einen Wunschzettel mit den Dingen zusammengestellt, die benötigt werden:

„Startersets“ mit Kinderkleidung aller Art (Größe 98 bis 164) für Mädchen und Jungen, die oftmals nur mit dem Nötigsten bekleidet im „Spatzennest“ landen, wenn sie aus ihren Familien geholt werden müssen.

Pflegemittel wie Badeschaum, Knisterbad, Shampoo, Creme etc.


  • Holzpuzzle

  • Gesellschaftsspiele für Kinder ab 3 bis 12 Jahren

  • Gutscheine für den Besuch eines Kinos, Schwimmbads oder Indoorspielplatzes

  • Lego und Playmobil

  • Sandspielzeug

  • Kindersitze für Kinder ab 2 Jahren

  • Kuschelkissen

  • Kinderbettwäsche

  • Ihre Spende können Sie im Zeitraum vom 1. bis einschließlich 19. Dezember im NRZ-Pressehaus, Sachsenstraße 30, abgeben. Öffnungszeiten: montags, dienstags, mittwochs 8 bis 16 Uhr; donnerstags 8 bis 18 Uhr; freitags 8 bis 14 Uhr.

    Noch eine Bitte: Selbstverständlich freut man sich im „Spatzennest“ auch über gebrauchtes Spielzeug und getragene Kleidung. Zu Weihnachten wäre es allerdings schön, wenn Ihre möglichst verpackten Geschenke neuwertig wären. Ein kleines Inhalts-Schildchen ist hilfreich.

    Wenn Sie für die wichtige Arbeit im „Spatzennest“ lieber Geld spenden möchten: Sparkasse Essen, BLZ: 360 501 05, Konto: 290 700, IBAN DE70 3605 0105 0000 2907 00, Empfänger: Kinderschutzbund Essen, Verwendungszweck: Spatzennest/NRZ-Aktion. Auf Wunsch gibt’s eine Spendenquittung.