Essen. „Unbeschreiblich weiblich“: Chanson-Sängerin Ute Lemper bittet zum Abschluss der TUP-Festtage zum „Last Tango in Berlin“.
- Weltstar und Weltbürgerin Ute Lemper war zu Gast in der Philharmonie
- „Last Tango in Berlin“ zum Finale der TUP-Festtage
- Ausverkauftes Haus und sehr viel Applaus beim Auftritt in Essen
Den Weg von Münster nach Essen hat Ute Lemper immer noch gut in Erinnerung. Damals in den 1970erJahren, als sie mit dem Bruder auf einen Milchshake rübergefahren ist, raus in die Welt. Heute liegen die Lebensstationen der Lemper weiter auseinander: Berlin und Buenos Aires, Paris und New York, wo die gebürtige Münsteranerin seit vielen Jahren lebt. Ute Lemper ist Weltstar und Weltbürgerin, die von Grenzzäunen genauso wenig hält wie von Repertoire-Schranken und Sprach-Barrieren. All das spiegelt auch ihr Programm „Last Tango in Berlin“, das sie zum großen Finale der TUP-Festtage in der Philharmonie vor ausverkauftem Haus vorstellte.
„Unbeschreiblich weiblich“ lautete das Motto der Festwoche voller Lesungen, Konzerte und Bühnenprogrammen, und es scheint der 52-Jährigen auf den grazilen Leib geschrieben zu sein. Im schwarzen, hochgeschlitzten Kleid mit rotem Hüfttuch tänzelt sie sinnlich, elegant und vielsprachig durch die Welt des Chansons und durch ihre eigene über 30-jährige Bühnengeschichte. Immer auf der Suche nach dem Neuen und Nachdenklichen, Überraschenden und Rebellischen im Reich der Lieder.
Leise Leidenschaft und stille Intensität
Brecht und Weill, aber auch Piaf und Brel sind dabei seit Jahren ihre musikalischen Gefährten. Aber Ute Lemper stellt sich nicht einfach in den Dienst der getreuen Wiedergabe. Sie entwickelt das Material weiter, fusioniert es mit verschiedenen Jazz-Stilen und improvisiert daraus einen ganz eigenen Lemper-Sound.
Der klingt in seiner überbordenden Ausdrucksvielfalt und seiner manierierten Verspieltheit manchmal durchaus recht ambitioniert: Wenn Marlene Dietrichs „blauer Engel“ in die Rolle einer schattenden Jazz-Lady schlüpft und die Lemper-Stimme wie eine Chet-Baker-Trompete zwischen den drei fabelhaften Band-Musikern Michael Dolak (Bandoneon), Romain Lecuyer (Bass) und Vana Gierig (Klavier) hervortritt. Zwischendrin aber singt sie Jacques Brels zauberzartes „Ne me quitte pas“ und Léo Ferrés „Avec le temps“ voller leiser Leidenschaft und stiller Intensität, die bei der Zugabe später nur noch von Edith Piafs Lebens-Bekenntnis „Je ne regrette rien“ gesteigert werden kann, freilich ganz ohne donnerndes Gefühls-Pathos.
Mit Bowler auf dem Barhocker
Mit sanfter Stimme und Geschichten führt die Lemper durchs Programm, das die Stationen ihrer Karriere absteckt, ihre Musical-Rollen, CD-Einspielungen, ihre Inspirationen und Idole. Astor Piazzolla natürlich, der auch in New York lebte und den argentinischen Tango anderen Stilen gegenüber geöffnet hat. Aber auch Literaten wie der chilenische Dichter Pablo Neruda oder Charles Bukowski kommen in Lempers Liedern zu Wort, die sie mit jiddischen Balladen von Chava Alberstein ergänzt.
Am Ende setzt sie den schwarzen Bowler auf den Kopf und wippt mit ihren endlos langen Beinen auf dem Barhocker wie einst als Sally Bowles. Das Leben der Lemper aber ist längst nicht mehr nur Cabaret. Ihr künstlerisches zu Hause ist heute die Weltbühne.