Essen. Theaterring und Theatergemeinde Essen haben verschiedene Angebote, aber ein Ziel: viele Leute zu vergünstigten Preisen ans Theater heranzuführen.
Sie sind so etwas wie die Scouts im reichen Angebot der Essener Kulturlandschaft, die sichten und vermitteln, anbieten und ermutigen. Für die Bühnen im Revier sind sie seit Jahren unverzichtbare Organisationen der Kundenbindung, die zigtausende Karten pro Saison vertreiben und über ihr umfangreiches Abo-Angebot eine Säule des Repertoirebetriebes bilden. Dabei beruht die Arbeit von Essener Theaterring und Theatergemeinde Essen immer auch auf ehrenamtlichem Engagement. Porträt zweier Besucherorganisationen, deren Arbeit sich auch in Zeiten von Online-Ticketing und Last-Minute-Lust alles andere als erübrigt hat.
Der Partner muss mitziehen
„Wir wollen mehr als Karten verkaufen, wir wollen die Menschen ans Theater heranführen“, sagt Alfons Wafner, Vorsitzender des Theaterrings. 2009 hat er die Position von Friedel Hanster übernommen, davor gab es in der über 90-jährigen Geschichte Franz Felden. Theaterring-Vorsitzender ist so etwas wie ein Lebensamt. Man kann es nur mit ganzem Herzen machen. „Und einem Partner, der die Leidenschaft teilt“, lächelt Wafner.
Der Essener Theaterring
Die traditionsreiche Besucherorganisation wurde 1922 gegründet und entstand aus der damaligen Volksbühnenbewegung. Nach dem Krieg wurde daraus der Essener Theaterring.
Vorsitzender des Theaterrings ist seit 2009 Alfons Wafner, 2. Vorsitzender Gerard S. Kohl.
Der Theaterring zählt momentan rund 2500 Mitglieder, die pro Saison etwa 20.000 Karten zu ermäßigten Preisen abnehmen.
An Schüler, Studenten, Auszubildende bis 27 Jahren richtet sich das Angebot „Bühne 27“, Junge Leute kommen so bis zu 40 Prozent ermäßigt ins Theater.
Brigitte und Hans-Bernd Schleiffer geht es nicht anders. Seit vielen Jahren managt das Ehepaar die Essener Theatergemeinde. Ein Amt, das praktisch kaum ein freies Wochenende kennt. Vier Premieren in Folgen sind manchmal keine Seltenheit. „Wir wollen natürlich so viel wie möglich sehen“, erklärt Brigitte Schleifer. Die Kundschaft vertraut ihren Empfehlungen. Und selbst, wenn die Kritiken mal schlecht ausfallen, lässt sich der ein oder andere am Telefon für ein Stück begeistern, das man auf eigene Faust niemals gebucht hätte. „Es ist wichtig, den Leuten Zugang zu ermöglichen“, weiß die gelernte Kauffrau, die 1988 eher zufällig zur Theatergemeinde kam, weil sie nach den Erziehungsjahren wieder auf Teilzeitbasis in den Beruf einsteigen wollte.
Heute ist das Amt in Arbeitsstunden eigentlich kaum aufzurechnen. Denn neben Essen wissen die Schleiffers auch, was in Bochum, Gelsenkirchen, Mülheim und Oberhausen gespielt wird. Die „Metropole Ruhr“ hat zumindest in ihrem Verteiler einen festen Platz. Über 40 verschiedene Abo-Angebote bedienen Vorlieben von „ernst und heiter“ bis „Klassik im Querschnitt“, umfassen Theater und Konzert, aber auch Boulevard und Ballett. Große Vielfalt zu ermäßigten Preisen, denn die Rabatte werden direkt an die Kundschaft weitergegeben. Manche Ideen, wie das Angebot eines Weihnachts-Abos, sei von den großen Häusern aufgenommen worden, erzählt Schleiffer. Kundenbindung ist schließlich für alle eine Herausforderung geworden, seit Freizeit immer spontaner verplant wird.
„Wir verstehen uns als ein Scharnier zum Theater“, erklärt Wafner. Der Theaterring verkauft 20.000 Karten pro Saison an die derzeit rund 2500 Mitglieder. Wer einer der vielen Ring-Abonnements wählt, bekommt die Tickets im Vergleich zu regulären Karten bis zu 30 Prozent günstiger. Die Nachfrage bestimmter Produktionen sei da auch ein „Indikator, wie der Spielplan ankommt“, die Kundenwünsche werden hier direkt aufgenommen. Keine Frage also, dass man sich auch als „Partner der Theater und Philharmonie (TuP)“ versteht und sogar unter einem Dach mit der Theaterverwaltung arbeitet.
Ausblick aufs Grillo-Jubiläum
1922 aus der Volksbühnenbewegung entstanden, hat die Idee der breiten Kulturvermittlung hier weiter Konjunktur, auch unter neuen Vorzeichen. Das Zusammenkommen organisieren, „darin liegt die Zukunft“, glaubt Wafner. Das gilt über den Theaterbesuch hinaus. Die „Ringtreffen“, zu denen Künstler der TuP geladen werden, sind gefragt. Sehr beliebt sind auch die geführten Kunst- und Kultur-Reisen, im April geht’s nach Neapel.
Die Essener Theatergemeinde
Die Theatergemeinde Essen wurde 1984 gegründet. Über die „Stärkung des Interesses aller Einwohner am kulturellen Leben unserer Stadt“ geht die Arbeit heute weit hinaus. Mit über 40 diversen Abo-Angeboten bietet die Theatergemeinde ihren 3000 Abonnenten ermäßigte Tickets von Oberhausen bis Bochum.
Hans-Bernd Schleiffer ist Vorsitzender, Ehefrau Brigitte die Geschäftsführerin.
Zu den Angeboten der Besucherorganisation gehört auch ein Wahlabonnement mit Kinderbetreuung, das Eltern samstags (18 Uhr) und an Sonntagnachmittagen wahrnehmen können.
Für Brigitte und Hans-Bernd Schleiffer steht demnächst noch Bregenz und der Harz auf dem Reiseplan. Nur die Sommerferien sind mal theaterfrei. Bis dahin hat das Paar aber schon wochenlang über den neuen Spielplänen gebrütet und Abo-Angebote ausgetüftelt.
Beim Essener Theaterring nimmt man im neuen Jahr besonderen Anteil an den Spielplänen des Schauspiels. 2017 feiert das Grillo-Theater sein 125-jähriges Jubiläum und das ist auch für den Theaterring noch einmal ein ganz besonderer Anlass, die Menschen ans Theater zu bringen.
Überhaupt herrsche statt Konkurrenz eher eine von Sympathie getragene „Nähe“ zwischen den Besucherorganisationen. „Wir haben unterschiedliche Profile, aber wir ergänzen uns gut“, findet Wafner. Der Theaterring-Vorsitzende könnte sich sogar noch einen engeren Austausch vorstellen. „Wir sind schließlich alle theaterverrückt.“