Essen-Borbeck. Seit 16 Jahren kümmert sich der Sozialarbeiter Frank Kampmann am Borbecker Bahnhof um die Kinder des Stadtteils. Essensausgabe und Begegnungsstätte.

  • Sozialarbeiter Frank Kampmann kümmert sich um Borbecker Kinder
  • Er ist ein ganz besonderer Bahnhofsvorsteher
  • Gedanke, Sinnvolles für Kinder und Jugendlichen im Stadtteil zu tun

Am Anfang war erstmal nur die Idee einiger Borbecker Bürger und Kaufleute, etwas Sinnvolles für die Kinder und Jugendlichen im Stadtteil zu tun. „Dann erfuhren wir, dass der Borbecker Bahnhof verkauft werden sollte“, erinnert sich Sozialarbeiter Frank Kampmann, „und wir fanden, dass der Bahnhof für unser Projekt hervorragend geeignet ist.“ Allerdings war der Preis zu hoch, den die Deutsche Bahn verlangte. Wie gut, dass sich mit dem Borbecker Jürgen Becker ein großzügiger Sponsor auftat: Der Unternehmer kaufte den Bahnhof, ließ ihn aufwendig renovieren und vermietet seitdem die Räumlichkeiten zu einem fairen Preis an „Zug um Zug“, wie sich der inzwischen 16 Jahre alte Verein nennt.

Viele Projekte wurden in dieser Zeit im Bahnhof angepackt und realisiert; manche, wie zum Beispiel die Hausaufgabenbetreuung, verschwanden wieder, andere, wie die tägliche Frühstücksausgabe, wurden ausgebaut. Konstant geblieben ist über die ganzen 16 Jahre das Engagement des 51-jährigen Sozialarbeiters, der sozusagen der Bahnhofsvorsteher ist. Mit ihm steht und fällt die Arbeit des Vereines, der seine Wurzeln in der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde hat. Deutlich wird das bei den jährlichen Musicals, die der Hobbymusiker schreibt und komponiert und mit einer großen Gruppe Kinder und Jugendlicher aufführt: Sie alle haben ein biblisches Thema.

Viermonatiges Gospelprojekt

„Das ist jedes Mal eine tolle Sache für die Teilnehmer. Sie wachsen über sich hinaus, erlangen ein gutes Selbstbewusstsein und gehen gestärkt aus diesen Projekten.“ So haben über 70 Kinder beim letzten Musical „Paulus“ mitgemacht, die von 20 Ehrenamtlichen betreut wurden. „Jeder der will, kann zu uns kommen“, sagt Kampmann, „wir finden für alle ein Betätigungsfeld.“ Wer nicht singen, tanzen oder Theater spielen will, kann sich im Kulissenbau versuchen. „Das ist zwar manchmal wie die Dressur von Raubtieren“, gibt der dreifache Familienvater zu, „aber es lohnt sich.“ Über 850 Zuschauer haben sich „Paulus“ angesehen.

Aus dem Musicalprojekt entsprang auch das nächste musikalische Vorhaben: ein Gospelchor für Jung und Alt. „Begeisterte Eltern der jungen Musicalteilnehmer haben uns angesprochen und gefragt, ob wir nicht auch etwas für sie machen wollen.“ 70 bis 90 Leute aller Altersstufen machen bei dem auf vier Monate angelegten Gospelprojekt mit, das am 31. August startet und dessen Höhepunkt vier Aufführungen im Gemeindezentrum Weidkamp sind.

Ferienbetreuung, Spielnachmittage,ein Schach- und ein Backkurs sowie zahlreiche weitere Veranstaltungen runden das Programm des Vereines ab, der in seiner Konzeption immer flexibel bleiben möchte. Und der längst nicht nur eine Anlaufstätte für die jungen Borbecker ist, sondern für alle Bürger des Stadtteils.

Butterbrote für hungrige Schulkinder

Es ist sechs Uhr morgens im Borbecker Bahnhof. In der Butterbrotausgabe „Zuzüglich“ werden bereits die ersten Brötchen geschmiert, werden Äpfel, Paprika, Gurke und Birne geschnitten, wird der Kakao erwärmt. Bereits eine halbe Stunde später stehen die ersten Schulkinder an der Ausgabe, sitzen im kleinen Aufenthaltsraum, um sich vor Unterrichtsbeginn zu stärken. Die Brote, das Obst und die Getränke sind ein kostenloses Angebot des vor fünf Jahren ins Leben gerufenen „Ess-Bahnhofs“, für den der Verein Zug um Zug verantwortlich zeichnet.

„Immer mehr Kinder werden hungrig zur Schule geschickt, dagegen wollten wir etwas tun. Und zwar ganz pragmatisch und ohne viel Aufhebens“, so Frank Kampmann. Kleine und große Spenden und die Unterstützung durch die Essener Tafel sowie ein Team ehrenamtlicher Kräfte machen es möglich, dass 40, 50 Kinder aller Altersstufen von Montag bis Freitag ein Pausenbrot bekommen.

Infos

Interessierte können sich melden bei: Zug um Zug, Marktstraße 11, Sozialarbeiter Frank Kampmann, 6 85 82 44. Weitere Info zu den Projekten unter
www.zug-um-zug-ev.de

Geleitet wird der Ess-Bahnhof von Sabine Häuser; die vierfache Mutter ist von Beginn an dabei. Sechs bis sieben Köpfe umfasst das Team, „aber wir können jede Hand und jede Hilfe gebrauchen“, wünscht sich Sozialarbeiter Kampmann noch mehr ehrenamtliches Engagement. Auch Spenden werden dringend benötigt, denn seit der Flüchtlingskrise ist das Angebot der Essener Tafel nicht mehr ganz so üppig, müssen Lebensmittel dazu gekauft werden.