Huttrop. .

Sie sind die guten Geister für wöchentlich insgesamt 6000 Bedürftige in ganz Essen, die sie mit frischen Lebensmitteln versorgen. Dank einer Spende des Oberhausener Charity-Vereins „Dein Kult e.V.“ konnten sich die Ehrenamtlichen der Essener Tafel vom Huttroper Wasserturm nun einmal selbst verwöhnen lassen und trafen sich zur Feier in der Rüttenscheider Sportsbar „All in one“. Doch wer sind die Helfer, die sich Woche für Woche um andere Menschen kümmern und was treibt sie an?

Als Kind richtig gehungert

Nicht alle von ihnen haben einen so starken lebensgeschichtlichen Motor, wie der Rellinghauser Dieter Fassbender. Dennoch hat er etwas gemein mit vielen der rund 70 Gäste, die sich nach dem Essen den Kaffee schmecken lassen. „Ich habe als Kind richtig gehungert, das vergisst man nie im Leben. Mein Vater ist nach dem Krieg nicht aus Russland heimgekehrt, meine Mutter war schwer erkrankt, später wurde ich zum Vollwaisen“, erinnert sich der 79-Jährige. 2003 stieg er bei der Tafel ein.

„Ab meinem 20. Lebensjahr ist es mir aber sehr gut gegangen, und ich wollte etwas zurückgeben“, erzählt der Mann, der sich ein Mal in der Woche hinter das Steuer eines Tafel-Lieferwagen setzt und Märkte abklappert. Seine Beweggründe teilt er mit vielen der Kollegen.

Etwa mit Ines Thiemann (54), die während des Berichtes ihres Sitznachbarn zustimmend nickt. Auch für die Personalleiterin aus Stadtwald ist es bislang im Leben gut gelaufen, auch sie nimmt die persönliche Sorglosigkeit nicht als selbstverständlich, will andere seit 2004 teilhaben lassen. Außerdem hilft ihr der Fahrerjob, den Blick für das Wesentliche zu schärfen: „Wenn ich im Betrieb Diskussionen um eine neue Kaffeemaschine höre, weiß ich, warum ich das hier mache. Außerdem hilft mir die körperliche Arbeit als Ausgleich.“

Zahlen und Fakten zur Essener Tafel

Die Essener Tafel beschäftigt rund 120 Ehrenamtliche im Alter von 18 bis 87 Jahren. Eingesetzt werden sie bei der Ausgabe am Wasserturm oder als Fahrer beim Einsammeln der Lebensmittel.

Das Interesse bei Frauen für ein Engagement ist größer als das Angebot. Bei Männern wechselt dies.

Die Verantwortlichen raten allen Aspiranten, sich von Wartezeiten nicht entmutigen zu lassen. Ein freier Plätz könne sich auch urplötzlich auftun.

Um Personalengpässe in den Urlaubszeiten zu vermeiden, arbeiten die Freiwilligen bei der Tafel in der Regel ein Mal in der Woche. So können die Verantwortlichen leichter Ersatz finden.

Information gibt es im Internet auf www.essener-tafel.de . Kontakt per Email an essener_tafel@gmx.de (zwischen essener und tafel bitte unterstrich).

Gisela Gallon hat schon viele Helfer kommen, aber nicht so viele gehen sehen. Die Verweildauer bei den Tafeln ist lang, eine Durchschnittsmitgliedschaft dauert mindestens zehn Jahre. Die 64-jährige Mitbegründerin der Tafel in Essen ist selbst seit 1995 dabei. „Viele kommen nach Abschluss des Berufslebens zu uns. Das Konzept, nicht mehr benötigte Lebensmittel an Bedürftige weiter zu geben, ist attraktiv“, hat sie beobachtet.

Dass man auch etwas zurückbekommt, das erwähnen viele Freiwillige an diesem Tag, wenn sie auf ihre lange Verweildauer angesprochen werden. „Ich erinnere mich an eine alte Frau, für die nur noch ein Apfel übrig war. Aber darüber hat sie sich so gefreut, das vergisst man nicht“, so die Heisingerin Molly Brück (80), die zwei Mal in der Woche die Kasse bei der Ausgabe besetzt und die Bezugsscheine der Kunden prüft.

Eine lange Dienstzeit, dadurch auch menschlich eingespielte Teams und aufkeimende Freundschaften: Auch das Binnenklima stimmt, dank Menschen wie Elisabeth Fassbender (74), Ehefrau des Eingangs erwähnten Dieter. Seit 2003 besetzt sie die Brotabgabe im Wasserturm, und seit dieser Zeit bringt sie an ihren Dienst-Freitagen vorgekochtes Mittagessen für die Kollegen mit. „Es wächst mit der Zeit zusammen, man spürt das“, erläutert sie. Ans Aufhören, und das auch noch aus Altersgründen, daran denkt keiner von ihnen.