Essen. Mehr Jungen und Mädchen sollen zur Schule radeln. Die Initiative der Essener Mobilität-Werk-Stadt gegen Eltern-Taxis sorgt für heftige Diskussionen.
- Fahrradclub ADFC: Zu vielen Schulen gibt es sichere Schleichwege
- Die erste Essener Schule macht jetzt beim Schulweg-Check mit
- Geprüft werden auch Verbindungen mit Bahn oder Bus und Fußwege
Damit hatte Georg Nesselhauf nicht gerechnet. Mit einem Pilotprojekt gegen Eltern-Taxis will der Vorsitzende der Essener Umwelt- und Verkehrsinitiative „Mobilität-Werk-Stadt“ wieder mehr Schüler aufs Rad bringen. Nach einem Bericht in dieser Zeitung hat er zahlreiche Reaktionen erhalten – von strikter Ablehnung besorgter Eltern bis zu Hilfsangeboten von Befürwortern. „Wir sind von dieser Resonanz überrascht“, so Nesselhauf: „Die einen sagen, dass sie das ganz toll finden. Die anderen halten es für zu gefährlich.“
Ob es wirklich hier und da zu riskant ist, soll in Kooperation mit dem Wuppertaler Verkehrssicherheitsbüro „Bueffee“ ein Schulweg-Check zeigen, für den in Essen fünf bis zehn weiterführende Schulen gesucht werden (das Viktoria-Gymnasium hat bereits zugesagt).
Dabei wird auch gefragt, ob Schüler in den vergangenen zwölf Monaten in einen Unfall verwickelt waren und ob Ängste sie davon abhalten, mit dem Fahrrad zu fahren. Mögliche Schulwege (auch mit Bahn, Bus oder zu Fuß), aber auch zu beseitigende Gefahrenpunkte werden in einer App festgehalten. Am Ende, so die Hoffnung, lassen sich dann bis zu 50 Prozent weniger Schüler von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule fahren. Nesselhauf weiß: „Auf den Verkehrspädagogen kommt eine große Herausforderung zu. Denn es ist nicht einfach, in Essen überall geeignete Wege für Radfahrer zu finden.“
Gefahren durch Eltern-Taxis
Darauf macht die Frida-Levi-Gesamtschule aufmerksam: „Es ist begrüßenswert, wenn mehr Schüler mit dem Fahrrad kommen“, findet der stellvertretende Schulleiter Arnd Thull. „Aber wir sind auch von stark befahrenen Straßen umgeben. Das ist ein Sicherheitsaspekt, den man bedenken muss.“
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Sein Kollege Rainer Severin vom Helmholtz-Gymnasium verweist auf die Gefahren durch Eltern-Taxis: „15 Minuten vor Schulbeginn kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen. Die Problematik der Eltern-Taxis nimmt an allen Schulen zu.“ Deshalb beschloss die Schulkonferenz des Helmholtz-Gymnasiums am Mittwoch, an die Eltern per Mail oder Brief zu appellieren, dass ihre Kinder mit dem Rad kommen – oder falls sie mit dem Auto gebracht werden, die letzten hundert Meter zu Fuß gehen.
Auf dem Rad "die Stadt anders kennengelernt"
Jörg Brinkmann, Vorsitzender des Essener Fahrrad-Clubs ADFC, glaubt, dass für mindestens zwei Drittel der Essener Schulen sich sichere Alternativrouten für Radler finden lassen. „Viele Eltern haben nur die Wege im Fokus, die sie mit dem Auto fahren. Die kennen die Schleichwege in der Stadt nicht.“
Das sagt auch Rolf Fliß von der Essener Fahrrad-Initiative (EFI): „Ich bin meist mit dem Fahrrad gefahren – auch zur Schule . Ich habe so die Stadt Essen anders kennengelernt.“ Sowohl ADFC als auch EFI glauben, dass Jugendliche ein besseres Gespür für Gefahren bekommen, wenn sie verantwortlich und früh auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr vorbereitet werden. Wer nur auf der Rückbank im Auto sitzt, lerne wenig.
Ansprechpartner und Unterstützer
Das Projekt Schulweg-Check wird von der Stadt Essen unterstützt. Die Koordination mit den Schulen übernimmt Klima-Managerin Ute Zeise von der städtischen Klimaagentur. Interessierte weiterführende Schulen können sich an sie wenden unter der Telefonnummer 88 59 201.
Auch die Essener Radsport Gemeinschaft 1900 e.V. unterstützt das Projekt und will mithelfen, dass mehr Schüler aufs Rad steigen. „Es muss doch nicht sein, dass 50 Autos von Eltern vor einer Schule stehen“, findet Vorstandsmitglied Julia Schwarz.