Essen. . SPD und CDU preisen ihren Kompromiss, der 1800 Plätze weniger bietet, als die Stadtspitze anpeilte. Keine Flüchtlings-Unterkunft an „Marina“- und „Oase“-Areal.
Es war eine ausgesprochen schwierige Geburt, nach heftigen Wehen im Vorfeld. Aber als SPD und CDU am Freitagabend um kurz nach 19 Uhr ihren gemeinsamen Asyl-Kompromiss präsentierten, da strahlten sie erleichtert wie frischgebackene Eltern.
Nein, keine Begeisterung, nirgends, denn was die große Rats-Koalition da auch gegen deutliche Kritik aus den eigenen Reihen an Unterkunfts-Standorten für mehrere tausend Flüchtlinge festgezurrt hat, wird ihr in der Bevölkerung keinen großen Beifall einbringen, das wissen alle Beteiligten.
Aber Sozial- wie Christdemokraten war der Stolz darüber anzumerken, dass diese Debatte um die Frage, welcher Stadtteil welche Flüchtlingslast tragen soll, sie alle miteinander nicht vollends entzweit hat. Man sei der Gesamtverantwortung für die Stadt gerecht geworden, und der fühlten sich offenbar auch die Mitglieder der beiden großen Ratsfraktionen verpflichtet, die die detaillierte Standortliste am Mittwoch im Stadtparlament ja beschließen sollen: Weder bei der SPD noch bei der CDU, hieß es triumphierend, gab es Gegenstimmen.
Kritik schon, zuweilen auch heftige, „alle haben erhebliche Probleme“, räumte SPD-Fraktionschef Rainer Marschan ein, und auch sein Gegenüber bei der CDU, Jörg Uhlenbruch kennt die Widerstände im eigenen Laden: „Es gibt einige Dinge, die schwierig sind.“ Aber am Ende wollten sie es schaffen – und hoffen nun, sich mit dem Kompromiss wenigstens für einige Monate Luft in der Asylkrise verschafft zu haben.
Wo größere Flüchtlings-Unterkünfte entstehen sollen
Größere Flüchtlings-Unterkünfte sollen danach auf folgenden Freiflächen entstehen (jeweilige Kapazität in Klammern): am Spielkampsweg in Haarzopf (400 Plätze); auf der ehemaligen Fläche Schacht Kronprinz Im Fatloh in Bedingrade (400), wobei als Alternativ-Standort ein Grundstück an der Heißener Straße in Schönebeck geprüft wird; an der Lahnbeckestraße in Leithe (nördliche Teilfläche) mit 200 Plätzen; an der Rotthauser Straße in Kray (200); an der Wallneyer Straße in Schuir (400); Am Handwerkerpark in Katernberg (400), wobei auch hier Ausweichflächen ins Auge gefasst werden, sowie an der Hövel-/Bäuminghausstraße in Altenessen (400).
Diese Standorte wurden von der Liste gestrichen
Komplett aus der Standortliste gestrichen wurde das „Marina“-Areal an der Nordsternstraße in Altenessen am Rhein-Herne-Kanal, und auch die anderen Nord-Standorte wurden in der Kapazität deutlich verkleinert. 400 statt 800 Flüchtlinge hier und da – ob das reicht, um Sorgen, Frust und Ärger der Bürger wie der Vorortpolitiker in den betreffenden Stadtteilen zu besänftigen, muss sich noch zeigen.
Kleinere Standorte mit jeweils 200 Asyl-Plätzen
Denn neben den großen Flächen gibt es auch kleinere Standorte mit jeweils 200 Asyl-Plätzen, die durchgewinkt wurden: an der Antropstraße in Überruhr und der Barkhovenallee /Jacobsallee in Heidhausen, für die jeweils noch ein Ausweich-Gelände geprüft wird; an der Neustraße in Borbeck und der Nöggerathstraße in Altendorf, wo ein Hundeübungsplatz weichen soll. Das alte „Oase“-Areal hingegen bleibt unangetastet und soll als gemischtes Quartier bebaut werden.
Gewerbeobjekte sollen angemietet werden
Einig waren sich SPD und CDU auch darin, verschiedene Gewerbeobjekte nach ihrem Umbau für die Flüchtlings-Unterbringung anzumieten: an der Cathostraße in Bergeborbeck (100), Im Teelbruch in Kettwig (70), am Limbecker Platz im Stadtkern (170), an der Münchener Straße in Holsterhausen (390) und am Schuirweg in Schuir (560), neben dem Zeltdorf in Karnap der einzige Standort über der „Schallgrenze“ von 400.
Zelte durch Container ersetzen
Bloß weg mit den sündhaft teuren Zeltdörfern, lautet zudem bei der Stadtverwaltung die Devise. Doch an fünf der zehn Zeltstandorten für Flüchtlinge werden die Zelte nur durch Container ersetzt, und zwar an der Bonifaciusstraße in Schonnebeck (200 Plätze), an der Erbslöhstraße in Altenessen (200), am Pläßweidenweg in Horst (100), an der Vaeste-/Burgstraße (400) und am Mathias-Stinnes-Stadion in Karnap.
Am Mittwoch sollen alle Standorte im Rat beschlossen werden, die Mehrheit ist sicher, die Halbwertzeit nicht: Geht der Zustrom unvermindert so weiter, geht die Suche im Sommer von Neuem los.