Essen. . Keine rechtsfreien Räume, aber große Probleme im Norden. Schrottimmobilien, kriminelle Clans und Ghettobildung beschäftigen die Polizei und Politik in Essen.

Über einen Mangel an „Baustellen“ kann Matthias Blackert, der Sicherheitskoordinator der Stadt Essen, nicht klagen: Das sind die Drogendealer am Rheinischen Platz oder die Trinker am Hauptbahnhof. Aber am meisten beansprucht ihn im Moment der Kampf gegen Miethaie und Schrottimmobilien.

Die spektakulärste mehrerer Razzien ereignete sich Ende letzten Jahres auf der B 224 in Altenessen, einer verkehrsreichen Ausfallstraßen der Stadt. Weil der Hauseigentümer das Wassergeld nicht bezahlt und bei den Stadtwerken Schulden von mehr als 10.000 Euro hatte, erklärte die Stadt die vier Bruchbuden für unbewohnbar und ließ Wohnungen und Fenster kurzerhand zumauern.

"Es gibt keine rechtsfreien Räume in Essen"

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Dass Blackerts Baustellen durchweg nördlich des „Wohlstandsäquators“ A 40 liegen, überrascht kaum. Der Ruhrschnellweg teilt die 580.000-Einwohner-Stadt recht präzise in den bürgerlichen Süden und den strukturell eher benachteiligten Norden: Bezirke wie Altendorf und Altenessen, Karnap und Katernberg rühmen sich zwar ihrer herausgeputzten Zechenkolonien und Stoppenberg gar seines Weltkulturerbes Zollverein – aber gleich daneben breitet sich oft dies aus: billige Wohnungen und Leerstand, ein hoher Migrantenanteil und Ghettoisierung, Drogenhandel und Jugendkriminalität.

Trotzdem hält Thomas Rüth vom Aktionsbündnis Sicheres Altenessen dagegen: „Es gibt keine rechtsfreien Räume in Essen, noch ist die Grenze nicht überschritten.“

Brennpunkte sicherer machen

Aktivisten wie den Altendorfer Johannes Hüttemann wurmt es, wenn sein Stadtteil voreilig als Brennpunkt abgestempelt wird. Mit drei Dutzend Freiwilligen putzt er liebevoll den neuen Krupp-Park und verweist auf weitere Lichtblicke wie etwa den künstlich angelegten Niederfeldsee mit schicker Promenade und leuchtend-weißen Neubauten.

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Über die benachteiligten Quartiere sagt Rüth: „Die Menschen leben gerne in ihren Stadtteilen.“ In Altenessen bringt der Netzwerker Sozialarbeiter und Polizisten, Pfarrer und Imame, Stadtteilinitiativen und Sportvereine zusammen. „Wo Nachbarschaften intakt sind, schreit keiner nach einer Bürgerwehr.“ Trotzdem schlägt er Alarm. Dringend würden mehr Polizisten benötigt, insbesondere der klassische Ermittler, der etwa die Essen-typischen libanesischen Clans ins Visier nehme und beharrlich austrockne.

Angetan von den Erfolgen des Altenessener Netzwerks regte Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) an, ein „Aktionsbündnis Sicheres Altendorf“ zu schaffen.