Essen. . Vier Essener Frauen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, berichten über ihre Erfahrungen im Umgang mit jungen muslimischen Männern. Die sind durchweg positiv.

Spätestens seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln, an denen überwiegend männliche Migranten aus Nordafrika beteiligt waren, wird auf allen Ebenen über das Verhalten junger Muslime gegenüber Frauen diskutiert. Zuletzt erregte ein Bericht über ein Hamburger Flüchtlingsheim unter der Überschrift „Extrem fordernd, unzuverlässig und aufdringlich“, der in „Die Welt“ erschien, deutschlandweite Aufmerksamkeit.

„Solche Berichte haben mich veranlasst, in unserem etwa 50-köpfigen Team, das in der Flüchtlingsarbeit tätig ist, nachzufragen, wie die Wirklichkeit in den von uns im Essener Stadtgebiet betreuten Einrichtungen aussieht und wie der Alltag dort erlebt wird“, so Caritasdirektor Björn Enno Hermans. Das Ergebnis einer ausführlichen Befragung zweier Mitarbeiterinnen, die in einem Übergangswohnheim speziell für junge Männer tätig sind, deckt sich nicht mit den Negativschlagzeilen und zeigt, „dass es nicht die eine zutreffende Beschreibung, die eine Wahrheit gibt“.

Ehrenamtler machen auf Gleichberechtigung aufmerksam

„Ich habe in keiner Weise die Erfahrung gemacht, dass einer von unseren Bewohnern gewalttätig oder bedrohlich gegenüber meiner Person geworden ist“, berichtet die 39-jährige Einrichtungsbetreuerin. Gezeichnet von Flucht, Sehnsucht und Sorge um die Familie im Heimatland, seien die meisten Bewohner zwar frustriert und gestresst, „aber ihre Wut richten sie nicht gegen mich. Die Menschen merken, dass ich für sie und mit ihnen arbeite“, ergänzt die 25-jährige Flüchtlingshelferin. Dass sie als junge Frau ausschließlich mit Männern aus dem arabischen Raum arbeitet, sei kein Problem: „Bisher trat man mir immer mit großem Respekt entgegen. Ich habe das Gefühl, als Autoritätsperson akzeptiert zu werden.“ Insbesondere vom Ehrgeiz der Bewohner sind die Mitarbeiterinnen überrascht. „Viele opfern ihre Freizeit, um neben dem regulären Deutschkurs noch Nachhilfe in Anspruch zu nehmen.“

FlüchtlingeDiese Erfahrung hat auch Isabel Lopez gemacht. Die 47-jährige Essenerin gibt ehrenamtlich Deutschunterricht im Karnaper Zeltdorf. „Wir haben extra gemischte Gruppen zusammengestellt, um von vorneherein deutlich zu machen, dass bei uns Frauen und Männer gleichberechtigt sind und gleichberechtigt miteinander umgehen“, berichtet sie. Und dass es bislang keine Respektlosigkeiten von Seiten der muslimischen Männern gegeben hätte: „Wir erleben sie als sehr freundlich und zuvorkommend.“

Ausschließlich junge Pakistani zwischen 20 und 30 unterrichtet die Studentin Anna gemeinsam mit ihrer Schwester Charlotte (21). „Wir sind mit Abstand die jüngsten Ehrenamtler, die für die Menschen im Flüchtlingszelt an der Planckstraße Deutschunterricht geben“, erzählt die 20-Jährige. Noch nie hätten die jungen Muslime frauenfeindliches Verhalten an den Tag gelegt. „Da wir im gleichen Alter sind, reden wir viel miteinander, auch über unsere Pläne, Hoffnungen und Wünsche. Ich glaube, dieser direkte Austausch baut auf beiden Seiten Vorurteile ab und ist genauso wichtig wie der Spracherwerb.“