Essen. . Bei der Unterbringung von Flüchtlingen soll die Stadt auf kleinere Standorte zurückgreifen, fordern Umwelt- und Verkehrsinitiativen. Bei der sozialen Ausgewogenheit der Verteilung sehen sie Korrekturbedarf.

  • Der Runde Umwelttisch bringt zehn Flächen als mögliche Standorte für Asylunterkünfte ins Gespräch.
  • Die Intiativen wollen so aufzeigen, dass es sehr wohl Alternativen zu den Vorschlägen der Verwaltung gibt.
  • Korrekturbedarf sehen sie auch in puncto soziale Ausgewogenheit

In der Diskussion um die umstrittene Frage, wo die Stadt Essen feste Unterkünfte für Flüchtlinge bauen soll, hat der Runde Umwelttisch Essen (Rute) sich mit eigenen Vorschlägen zu Wort gemeldet. Die vorgelegte Liste umfasst insgesamt zehn kleinere Freiflächen, die den am Runden Tisch vertretenen Umwelt- und Verkehrsinitiativen nach einer ersten Sichtung für den Bau von Asylunterkünften als geeignet erscheinen.

„Unserer Einschätzung nach ließen sich auf den einzelnen Flächen bis zu 150 Plätze für Flüchtlinge schaffen“, sagt Michael Frantzke vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der maßgeblich an der Auswahl beteiligt war.

Der Runde Umwelttisch will damit aufzeigen, dass es sehr wohl Alternativen gebe zu den Vorschlägen der Verwaltung, über die der Rat der Stadt Ende Februar entscheiden soll.

Mehr Flächen im Süden und Osten

Eines fällt auf: Fast alle Flächen, die der „Rute“ nun als potenzielle Asyl-Standorte ins Gespräch bringt, liegen im Süden und Osten der Stadt. Die vorweggenommene Begründung dafür erhielten Oberbürgermeister Thomas Kufen und die Ratsfraktionen vor wenigen Tagen bereits schriftlich: Bei den aktuellen Überlegungen der Verwaltung zu Großstandorten seien die nördlichen Stadtteile erheblich mehr betroffen als der Süden der Stadt, heißt es in einer Stellungnahme, die der Runde Umwelttisch gemeinsam mit Pro Asyl verfasst hat. Diesen Eindruck gilt es aus Sicht der Initiativen nun zu korrigieren.

Zu einzelnen Vorschlägen der Planungsverwaltung will „Rute“ derzeit öffentlich nicht Stellung nehmen, führte Sprecher Dieter Küpper anlässlich des traditionellen Neujahrsempfangs am Sonntag aus.

Dafür gibt es Gründe: Am Runden Tisch sind sie hin und her gerissen, bringen einerseits sehr wohl Verständnis auf für das Bemühen von Oberbürgermeister Thomas Kufen, möglichst schnell möglichst viele Flüchtlinge in festen Unterkünften unterbringen zu können, und stehen anderseits doch den Bürgerinitiativen nahe, die seit Wochen gegen die Bebauung von Freiflächen mobil machen – allen voran gegen die Bebauung von Landschaftsschutzgebieten.

Diese Haltung muss nicht zwingend ein Widerspruch in sich sein. Auch der Runde Umwelttisch regt an, mehr Flüchtlinge in heute leerstehende Wohnungen zu vermitteln und fordert die Stadt auf, größere Anstrengungen zu unternehmen, damit dies gelingen mag – wenn nötig mit Hilfe von professionellen Maklern. Die Tatsache aber, dass Umweltinitiativen bislang unbebaute Flächen ins Gespräch bringen, darf man durchaus bemerkenswert nennen. Ob die einzelnen Vorschläge einer genaueren Prüfung standhalten, vermag BUND-Mann Frantzke nicht zu sagen. Mit der Frage, wem die Grundstücke gehören, hat sich der Runde Tisch beispielsweise noch gar nicht befasst.

Der Rückgriff auf große Freiflächen könne nur das allerletzte Mittel sein, betont Frantzke. Gänzlich ausschließen, dass es dazu kommt, mag der Runde Tisch also nicht. Auf drei der in Rede stehenden Freiflächen hält „Rute“ eine Bebauung zumindest „für denkbar“: auf dem „Marina-Areal“ an der Nordsternstraße in Altenessen-Nord, an der Hövelstraße/Ecke Bäuminghausstraße in Altenessen-Süd und auf der Brache nördlich der Lahnebeckestraße in Leithe, wohlgemerkt außerhalb des dortigen Landschaftsgebietes gelegen.

Diese Flächen nennt der Runde Umwelttisch als mögliche Alternativen:

Portendieckstraße/Hermann-Köster-Weg (Schonnebeck); Manfredstraße (Rüttenscheid), südlich der Bonifaciusstraße, an der ehemaligen Zeche Bonifacius (Kray); Rodenseelstraße nördlich der Bochumer Landstraße (Leithe), Alleestraße (Freisenbruch); Von Ossietzky-Ring (Horst);
Laurastraße (Burgaltendorf); an der Straße Spiekbank (Heisingen); Westpreußenstraße/Carl-Funke-Straße (Heisingen);
Schmachtenbergstraße (Kettwig); Barkhovenallee/Jacobsallee (Heidhausen).
Letztere hat bereits die Planungsverwaltung als potenziellen Standort benannt.