Essen. . Schwerpunkt der diesjährigen Präsentation im Foyer des Essener Rathauses sind Funde aus Kettwig. Die Spektakulärsten: zwei Kanonenkugeln aus dem 16./17. Jahrhundert.
- Bis zum 2. Februar zeigt die Stadtarchäologie, was sie 2015 ausgegraben hat.
- Darunter ist „viel Nippes, aber auch Wertvolles“.
- Schwerpunkt bilden Funde vom nördlichen Ruhrufer in Kettwig.
Ob sie wohl von den Spaniern abgefeuert wurden, oder von schwedischen Landsknechten? Oder waren es doch kaiserliche Truppen? Die beiden eisernen Kanonenkugeln zählen sicher zu den spektakulärsten archäologischen Funden des vergangenen Jahres. Bauarbeiter hatten die Geschosse auf einer Baustelle am Kettwiger Ruhrufer ausgegraben und der Stadtarchäologie übergeben. Neben weiteren Exponaten, darunter allerlei Nippes, aber auch steinzeitlichen Werkzeugen, sind sie seit gestern in der Ausstellung „Stadtarchäologie 2015“ im Foyer des Rathauses zu sehen und beflügeln einmal mehr die Phantasie der Besucher.
Die beiden Kanonenkugeln stammen aus der Zeit des 80-jährigen Krieges, der in den 1560er Jahren mit dem Befreiungskrieg der von Spanien besetzten Niederlande begann und erst 1648 gemeinsam mit dem 30-jährigen Krieg ein Ende fand. Auch Kettwig war in diesen wüsten Jahrzehnten wiederholt Schauplatz von Überfällen und Plünderungen. Davon dürften auch die beiden Geschosskugeln zeugen, ist Stadtarchäologe Detlef Hopp überzeugt. Beide dürften zu fahrbaren Feldgeschützen gehört haben. Warum sie in einer Abfallgrube landeten, die sich den Archäologen hunderte Jahre später als wahre Fundgrube öffnete, bleibt ein Geheimnis.
Die Funde vom „Kettwiger Ruhrbogen“ bilden den Schwerpunkt der diesjährigen Ausstellung. Detlef Hopp spricht lieber von einer Werkschau. Essens Stadtarchäologe will nicht zu hohe Erwartungen wecken. Immerhin ist es die 21. „Leistungsschau“ der Stadtarchäologie in Folge.
Fragen über Fragen
Ans Licht kamen die Exponate am nördliche Ruhrufer in Kettwig bei den Bauarbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Fabrik Markmann & Moll, die bis 1994 Eisenbahnweichen produzierte. An gleicher Stelle stand von 1869 bis 1920 eine Ziegelei. Die alten Lehmgruben waren augenscheinlich mit allerlei Hausmüll verfüllt worden. Einmal mehr liefert Abfall den Archäologen aufschlussreiche Einblicke in die Vergangenheit. „Den Kettwigern ging es nicht schlecht“, stellt Detlef Hopp fest, der nach den Ausgrabungen nicht nur „unglaublich viel Nippes“ in Händen hielt, sondern auch Luxusgüter: Glas und wertvolles Porzellan. Zeugnisse aus der Zeit des ersten Weltkrieges waren darunter und aus der Zeit der Ruhrbesetzung durch französische Truppen.
Wie aber ist ein ausgewachsenes Expemplar einer im Indischen Ozean beheimateten Riesenspinnenschnecke ans Ufer der Ruhr gelangt? Hat sein Besitzer das prächtige Stück in einem der Kettwiger Kolonialwarenläden erstanden? Oder handelt es sich gar um ein exotisches Mitbringsel eines Kolonialisten aus Deutsch-Ostafrika? Fragen über Fragen.