Essen. Schulen können Vakanzen, die durch Krankheit oder Schwangerschaft entstehen, kaum ausgleichen. Ausschreibungen bleiben erfolglos. Keine Kandidaten.

Wenn Grundschullehrerinnen schwanger werden oder Kollegen langfristig erkranken, gibt es derzeit kaum Chance auf Ersatz: Essens Grundschulen klagen über massive Probleme, Vertretungsstellen mit neuen Lehrern zu besetzen. Dabei geht es nicht nur um Vertretungen, die nur wenige Wochen andauern, sondern auch um Vertretungsstellen, die faktisch unbefristet sind, weil sie auf Jahre hin angelegt sind.

„Die Situation ist wirklich schwierig“, klagt eine Schulleiterin im Osten der Stadt – zwei Stellen seien derzeit unbesetzt in ihrem Haus, eine Langzeitvertretung (28 Stunden pro Woche) sowie eine Schwangerschaftsvertretung. Die Stellen seien offiziell ausgeschrieben gewesen - aber ohne Erfolg. „Wir haben keinen passenden Pädagogen gefunden.“

Kollegen ohne Referendariat als Vertretung

Das offizielle Vertretungsstellen-Portal des Landes weist für Essener Grundschulen derzeit zwar nur sieben Vakanzen aus, doch die Zahl ist tatsächlich viel höher: „Nicht berücksichtigt sind alle Schulen, die es nach mehreren Ausschreibungs-Runden aufgegeben haben, ihre Vertretungsstellen anzubieten“, sagt Sandra Holländer von der Gewerkschaft GEW, die im Personalrat für Grundschulen tätig ist. Eine Schulleiterin im Süden der Stadt klagt: „Ich habe eine Stelle schon viermal ausgeschrieben - ohne Erfolg.“ Experten schätzen, dass jede dritte Grundschule in Essen derzeit ein Vertretungsproblem hat.

Nicht wenige Schulen sind schon dazu übergegangen, junge Kollegen ohne Referendariat und Zweites Staatsexamen als befristete Vertretung einzustellen - aus purer Not. Im Norden der Stadt erzählt eine Grundschulleiterin, dass von 20 Stellen schon lange zwei unbesetzt seien: „Es ist eine Katastrophe.“ Die Folge: Unterricht fällt aus, Stundenpläne werden umgebaut, und Schulleiter müssen Unterricht geben, statt die Zeit für Verwaltungsaufgaben nutzen zu können.

Entspannung im Mai erwartet

„Es gibt derzeit schlicht kein Personal“, sagt ein Schulleiter im Osten der Stadt, der ebenfalls eine Vertretungsstelle schon zweimal erfolglos ausgeschrieben hat. „Das liegt auch an der Inklusion – viele Grundschullehrer haben sich fortgebildet zu Sonderpädagogen, werden jetzt anders eingesetzt.“

Das ist die eine Begründung – die andere: Wegen der vielen Flüchtlingskinder hatte Essen zuletzt rund 25 neue Lehrerstellen erhalten – Vollzeit, unbefristet. Da haben viele Berufsanfänger zugeschlagen, sodass derzeit offenbar niemand mehr auf einen Berufseinstieg mit einer befristeten Stelle angewiesen ist.

Am Zentrum für Lehrerausbildung in der Essener Innenstadt werden derzeit 77 Referendare für die Primarstufe ausgebildet. Die nächsten werden im Mai fertig. Dann, hoffen viele Beteiligte, entspannt sich womöglich die Lage.