Essen. . Seine kaufmännische Ausbildung bei der Essener Verkehrs-AG hatte er mit Bravour beendet, sollte aber als Ticketkontrolleur arbeiten. Ein 23-Jähriger ließ sich das nicht gefallen und klagte.
Bei der Essener Verkehrs-AG (Evag) halten sie große Stücke auf ihre Ausbildung. Dass die Evag aber einem kaufmännischen Azubi trotz Bestnoten eine Stelle als Ticketkontrolleur angeboten hat, darf man verwunderlich nennen.
Der 23-Jährige wollte sich dies nicht bieten lassen. Die Worte des Personalchefs, Wolfgang Hausmann, empfand er als blanker Hohn: „Die Evag verfügt über eine alte Belegschaft. Wir müssen heute an die Fachkräfte denken, die wir morgen benötigen.“ So ließ sich Hausmann in der Mitarbeiterzeitschrift der Evag zitieren.
Überdurchschnittliches Engagement, hohe Motivation – was Personalverantwortliche sich von Auszubildenden wünschen, brachte der 23-Jährige mit. Abteilungsleiter waren voll des Lobes ob seiner Leistungen und hätten ihn wohl nach bestandener Prüfung gerne in ihre Abteilung wiedergesehen.
Azubis mit guten Noten erhalten Anschlussvertrag
Die Prüfung legte er auch deshalb vorzeitig ab mit der Gesamtnote: 1,9.
Auszubildende, die solche hervorragenden Leistungen erbringen, belohnt die Evag mit einem Anschlussvertrag, befristet auf 30 Monate. So hatte es der Betriebsrat mit der Geschäftsführung ausgehandelt. Als die Evag dem 23-Jährigen zunächst eine Beschäftigung über ein halbes Jahr in ihrer Immobilienabteilung anbot mit Aussicht auf Verlängerung, ließ sich dieser darauf ein. Das böse Erwachen kam nach sechs Monaten: Da offerierte ihm die Personalabteilung, er könne noch ein weiteres Jahr in seiner Abteilung arbeiten. Sollte er aber darauf bestehen, volle 30 Monate zu bleiben, was ihm laut Betriebsvereinbarung ja auch zustand, könne er gerne als Ticketkontrolleur anfangen.
Er habe sich in die Ecke gedrängt gefühlt, sagte der 23-Jährige im Gespräch mit der Redaktion. Sein Eindruck: „Die Evag wollte mich loswerden, weil sie sparen muss.“ Auch sein Rechtsbeistand, Anwalt Jürgen Graser, hält es für alles andere als einen Zufall, dass der Vorfall in jene Monate fällt, in denen die Evag sich einem enormen Spardruck ihres Gesellschafters, der Stadt Essen, ausgesetzt sah und die Geschäftsführung jede freiwillige Leistung auf den Prüfstand stellte – das galt auch für Betriebsvereinbarungen.
Vereinbarung zwischen Betriebrat und Geschäftsführung geändert
Die Klage auf Weiterbeschäftigung wies das Arbeitsgericht gleichwohl zurück. Noch liegt das schriftliche Urteil nicht vor. Die Begründung dürfte wohl darin liegen: Zwar garantierte die Betriebsvereinbarung dem Auszubildenden eine Weiterbeschäftigung über 30 Monate, doch hatte er damit keinen Anspruch darauf, in seinem erlernten Beruf eingesetzt zu werden. Inzwischen wurde die Vereinbarung dahingehend geändert – für den Kläger zu spät.
Die Evag wollte sich zu dem Fall mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Ach so: Der 23-Jährige möchte seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Er sei auf Arbeitssuche. Dass sich da einer nicht alles gefallen lässt, gefällt vielleicht nicht jedem Arbeitgeber.