Essen. Die Aufwandsentschädigung für Mitglieder von Rat und Bezirksvertretungen soll erhöht werden. Für einige Posten soll’s sogar deutlich mehr geben. Das geht den „Partei-Piraten“ zu weit.
Zehn Prozent mehr in der Lohntüte – darüber würde sich wohl jeder Arbeitnehmer freuen. Zehn Prozent mehr sollen ab dem kommenden Jahr ehrenamtliche Politiker bekommen als Aufwandsentschädigung für ihre Arbeit im Rat oder in einer Bezirksvertretung. Das Land will so das Mitwirken in kommunalen Parlamenten finanziell attraktiver machen, damit sich mehr Bürger engagieren. Ob diese Rechnung aufgeht? Kommunalpolitiker haben da so ihre Zweifel.
Denn reich wird nicht, wer sich seine kostbare Zeit in Sitzungen von Sozial-, Kultur- oder Beschwerdeausschuss um die Ohren schlägt. 433,40 Euro pro Monat erhalten aktuell Ratsmitglieder. Für jede Sitzung des Rates oder eines Fachausschusses gibt es 17,80 Euro Sitzungsgeld oben drauf. Bescheidener fällt die Aufwandsentschädigung für Bezirksvertreter aus; wer sich im Stadtteilparlament mit Ampelschaltungen, Parkbegrünung oder Zuschüssen fürs örtliche Vereinsleben befasst, erhält 209,30 Euro monatlich.
Fahrtkosten werden pauschal entgolten mit dem Gegenwert einer Monatskarte der Evag, Preisstufe A. Sachkundige Bürger, die von den Fraktionen entsandt, werden müssen sich mit 34 Euro pauschal pro Sitzung bescheiden.
Vorsitzenden erledigen Vollzeitjob
Allzu lukrativ klingt das nicht, auch nicht nach einem zehnprozentigem Aufschlag. Die Fraktion der Partei-Piraten sieht sich dennoch veranlasst zu warnen: Ehrenämter dürften nicht zu Versorgungsposten werden. Sie stören sich daran, dass stellvertretende Fraktionsvorsitzende künftig 1220 Euro bekommen sollen – 261,80 Euro mehr als bisher. Ihnen sollen Vorsitzende der Ratsausschüsse finanziell gleich gestellt werden, die für diesen Posten bislang nicht „entschädigt“ werden. Vergleichsweise stattlich entlohnt werden heute nur Fraktionsvorsitzende; 1482,60 Euro gibt es monatlich, gar 2007 Euro erhält, wenn die eigene Mannschaft im Rat mindestens zehn Köpfe zählt.
Dafür erledigen die Vorsitzenden einen Vollzeitjob, wie Mandatsträger übereinstimmend berichten. „Nebenbei ist das nicht zu schaffen“, sagt Rainer Marschan, seit vier Jahren Vorsitzender der SPD-Fraktion und bereits im Rentenalter angekommen . Ja, man muss wohl Pensionär sein, um als Ehrenamtler ein Pensum bewältigen zu können, das Kai Hemsteeg, Fraktionschef der Partei-Piraten, auf 30 bis 50 Stunden pro Woche beziffert. Oder eben Beamter wie Hemsteeg selbst, der von Beruf Polizist ist. Als solcher muss ihn sein Arbeitgeber, das Land, für die Ratsarbeit freistellen.
Ehrenamt wird schnell zum Beruf
Dass auch in den kommunalen Parlamenten überdurchschnittlich viele Pensionäre und Beamte sitzen, ist eben kein Zufall. Alle anderen sind auf das Entgegenkommen ihres Arbeitgebers angewiesen, so wie Jörg Uhlenbruch, der bei der Sparkasse beschäftigt ist. „Als normales Ratsmitglied habe ich Politik nebenbei gemacht“, sagt der frisch gewählter Fraktionschef der CDU. „Als Vorsitzender ist das nicht mehr möglich.“
Warum tun sich Kommunalpolitiker so etwas an, wenn schon nicht fürs liebe Geld? Wo doch auch der Fiskus seinen Anteil verlangt (306 Euro sind für Ratsmitglieder steuerfrei) und auch die Parteien (15 Prozent verlangt zum Beispiel die CDU)? „Weil ich etwas für diese Stadt tun will“ – so oder ähnlich antworten Mandatsträger gleich welcher politischen Couleur.
Gut, Geringverdiener, die sich durch ihr Mandat etwas dazu verdienen, auch die gibt es im Rat. Und auch Politiker, die neben diesem Mandat weitere inne haben bei Landschaftsverbänden oder im Parlament des RVR. Dann, gibt Hemsteeg zu bedenken, wird ein Ehrenamt schnell zum Beruf.