Essen. . Aller Modernität zum Trotz: Das neue Logo von Thyssen-Krupp zitiert die Formensprache des zeitlosen Krupp-Symbols, das vor nun 140 Jahren entstand.
Oft hat Krupp sich in seiner über 200-jährigen Geschichte schon neu erfunden, hat den Schutt von Kriegen weggeräumt, Geschäftsfelder aufgegeben und neue aus dem Boden gestampft, hat die Rechtsform geändert und sich mit Konkurrenten zusammengetan. Eines blieb – mehr oder weniger – bestehen: das historische Firmenzeichen, die berühmten „Drei Ringe“.
Als Vorstandschef Heinrich Hiesinger vor einigen Wochen einen neuen Markenauftritt und ein neues Logo vorstellte, waren historische Puristen womöglich beunruhigt, doch man kann erfreut feststellen: Das Logo hat mit dem uralten, zeitlos schönen Ringe-Symbol von Krupp weit mehr gemein als mit dem klobigen „Klingelknopf“ samt Stahlbramme, den es ablöst.
Krupps „Drei Ringe“ ist vielleicht das älteste, in abgewandelter Form noch heute gebräuchliche Waren- und Firmenzeichen. Am 9. Dezember 1875, also vor fast 140 Jahren, wurde es beim Königlichen Kreisgericht Essen als Symbol der Firma Fried. Krupp, „für Stahl und Eisen sowie Stahl- und Eisenwaren“ erstmals eingetragen. Erst ein Jahr zuvor hatte Kaiser Wilhelm I. ein „Reichsgesetz über den Markenschutz“ erlassen, das Grundlage wurde für die Warenzeichen, aus denen sich dann nach und nach Firmenlogos entwickelten.
Logo vor 140 Jahren eingetragen
Alfred Krupp, der Schöpfer der Kruppschen Gussstahlfabrik, hatte eine ganze Reihe mehr oder weniger gelungener Entwürfe zeichnen lassen und dann das ebenso einfache wie einprägsame Ringe-Logo ausgewählt – mit der sicheren Hand des frühen Werbe- und PR-Genies, als das er in der historischen Einordnung heute gilt. Symbolisieren sollte es das, was Alfred Krupp für seine wichtigste Erfindung hielt: den nahtlosen Eisenbahn-Radreifen aus Stahl, der keine Schweißnaht mehr benötigte und deshalb erheblich weniger Unfälle verursachte.
Im Lauf der Unternehmensgeschichte gab es allerdings auch andere Interpretationen: Als Krupp vor allem wegen seiner Geschütze berühmt und berüchtigt war, meinte mancher, in die Mündungen dreier Kanonenrohre zu blicken. Wieder andere empfanden das Verschlungene der Ringe als schönes Symbol für die besondere Firmengemeinschaft, die Krupp lange auszeichnete, als Zeichen der innigen, treuen Zusammenarbeit über Klassengrenzen hinweg. „In diesem Sinne dient es unter anderem als Schmuck der den Fabrikjubilaren gewidmeten Ehrennadel“, heißt es in einer alten Firmenschrift.
„Gute Logos kann man mit einem Zeh in den Sandkasten malen“
Die Wahl von Alfred Krupp war jedenfalls derart „nachhaltig“, dass die Ringe alle wechselnden Moden überstanden und in Reinkultur bis heute von der Krupp-Stiftung verwendet werden. Der Düsseldorfer Kommunikationsdesigner Wilfried Korfmacher sagt es so: „Gute Logos kann man mit einem Zeh in den Sandkasten malen.“ Sowohl die alten Krupp-Ringe als auch der weit jüngere Thyssen-Bogen seien „beides Spitzenlogos“, die durch ihre Kombination viel verloren hätten und zu kompliziert geworden seien. Nach Ansicht des Hochschullehrers trifft das auch auf Hiesingers Neuschöpfung zu, der man aber zumindest eines attestieren kann: Ringe und Bogen sind nun endlich ganz vereint.
Das konnte man vom ersten Versuch, ein gemeinsames Zeichen zu setzen, nicht sagen. Als Thyssen und Krupp 1999 fusionierten, war schon wegen der konfliktreichen Vorgeschichte die Suche nach einem gemeinsamen Design-Auftritt psychologisch und firmenpolitisch heikel. Krupps Versuch, den fast doppelt so großen Thyssen-Konzern mittels feindlicher Übernahme zu schlucken, war noch in böser Erinnerung. Gefunden wurde ein etwas bräsiges, dickliches Logo, das wahre Zusammenarbeit nicht so recht symbolisierte, und insofern – vielleicht unbewusst – ehrlich war: Der Bogen aus Duisburg legte sich da besitzergreifend über die Essener Ringe. Im neuen Logo wirkt es hingegen fast so, als hätten die Ringe den Bogen verschlungen. Krupp ist wieder obenauf, könnte man augenzwinkernd sagen.
Thyssen-Krupp mit neuem Logo
Nun, Hiesinger hatte in den letzten Jahren andere Probleme als die mittlerweile fast vergessenen Schlachten der alten Ruhrbarone und ihrer Traditionskonzerne. Erwogen worden sei sogar, den Namen Thyssen-Krupp und die alten Logos durch etwas völlig Neues zu ersetzen, sagte der Vorstandschef. Soweit kam es dann nicht. Die Mitarbeiter fanden, dies ginge zu weit.
Gut so. 140 Jahre sind ein Wort, die Ringe würden Essen fehlen. Und der Name sowieso.