Essen. . Essens Kämmerer Lars-Martin Klieve sah den Bau des Stadions Essen immer skeptisch und fühlt sich bestätigt durch nicht gedeckte Betriebskosten von bis zu einer Million Euro pro Jahr. Müssen nun andere Sportangebote bluten?
Ob Lars-Martin Klieve ein Fußballfan ist, sei einmal dahingestellt. Da der Kämmerer vor seinem Wechsel ins Essener Rathaus die Stadtkasse in Gelsenkirchen verwaltete, steht Klieve bei den Fans und den Verantwortlichen von Rot-Weiss Essen schnell unter Generalverdacht: ein Schalker, na klar. Freunde fürs Leben werden sie jedenfalls wohl nicht mehr, was weniger an Klieves fußballerischer Leidenschaft liegt, als an seiner kritischen Haltung zum Bau des Stadion Essen im Allgemeinen und zu den Betriebskosten im Besonderen. Denn dort tut sich ein gewaltiges Loch auf.
Als Kämmerer hat Klieve nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Entscheidung, ein solches Stadion unter den gegebenen finanziellen Bedingungen zu bauen, für wenig überzeugend hielt. Durch die undurchsichtige Finanzierung des „Projektes Fußball“ und die dramatische Überschreitung der anvisierten Baukosten mag Klieve sich bestätigt fühlen. Nun legt er nach mit einem Satz, der nicht nur den Sportsfreunden von RWE Schmerzen bereitet: „Der Breitensport muss für Profifußballer gerade stehen.“
Rund 1,5 Millionen Euro kostet der Stadion-Betrieb
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Auf diesen Nenner bringt der Kämmerer den Umstand, dass die Stadt vor der Frage steht, wie sie den Betrieb des Stadions zu finanzieren gedenkt. Das Problem ist nicht neu, aber es ist akut geworden durch die Haushaltsverfügung von Regierungspräsidentin Anne Lütkes. Die Chefin der Kommunalaufsicht erinnert daran, dass die Stadt Geld, das sie für weitere freiwillige finanzielle Leistungen ausgibt bei eben solchen Leistungen einzusparen hat. Wörtlich heißt es: „Dies ist insbesondere im Hinblick auf die zu Tage getretene Finanzierungslücke bei der Errichtung und dem fortlaufenden Betrieb des Stadions zu beachten.“
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Auf rund 1,5 Millionen Euro belaufen sich die Kosten für den Betrieb des Stadions. Der jährliche Zuschuss der städtischen Sport- und Bäderbetriebe in Höhe von 500 000 Euro reicht also bei weitem nicht aus. Angesichts der Vorgabe aus Düsseldorf wackelt ein Versprechen, das die Politik zu einem Dogma erhoben hat, als sie im Rat mit großer Mehrheit für den Stadionbau votierte: Der Betrieb der Arena dürfe nicht zu Lasten anderer Sportangebote gehen.
Kämmerer schielt in Richtung Rot-Weiss Essen
Sportpolitiker sind bereits auf dem Baum: „Aus unserem Budget können wir die Betriebskosten nicht finanzieren“, sagt Siegried Brandenburg, sportpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Sein Pendant bei der SPD, Ingo Vogel, sieht die Stadt als Ganzes in der Pflicht. Nicht umsonst sei es das „Stadion Essen“.
Vor der Sitzung des Stadtrates am Mittwoch, wo das Thema auf der Tagesordnung steht, klaubte die Verwaltung Posten im laufenden Haushalt zusammen, um die Finanzierung der Arena sicherzustellen. Vom Tisch ist es damit nicht.
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Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve schielt in Richtung Rot-Weiss Essen. Der Viertligist hat mit der Stadt einen variablen Pachtzins ausgehandelt. Ab einem Jahresumsatz von 3,8 Millionen Euro geht jeder vierte Euro, den der Verein im Stadion einnimmt, an die Stadt. Spielt RWE erfolgreich, kommen mehr Zuschauer, es wird mehr verzehrt, folglich steigt die Pacht. Rund 100 000 Euro waren es in den vergangenen Spielzeiten. Derzeit spielt RWE nicht sehr erfolgreich.
„Herr Klieve versucht den Sport gegeneinander auszuspielen"
Es sei von Anfang an klar gewesen, dass ein Viertligist den Stadionbetrieb nicht finanzieren kann, betont RWE-Vorstand Michael Welling. Das gelte nicht nur für Rot-Weiss Essen. Vereine in vergleichbarer Situation wie die Alemania aus Aachen zahlten auch nicht mehr.
Dass die Debatte nun hochkocht, kommt für Welling nicht überraschend. An die Adresse des Stadtkämmerers formuliert Welling deutliche Worte: „Herr Klieve versucht den Sport gegeneinander auszuspielen und will so kaschieren, dass seit fünf Jahren ein Problem besteht, das bis heute nicht gelöst wurde.“