Essen. . Beim Abriss des Georg-Melches-Stadions wurde über die Entsorgung von Asbest gestritten. Merkwürdig: Den Auftrag für einen Teilabbruch schanzte die städtische GVE den städtischen Entsorgungsbetrieben zu.

Dass beim Bau des neuen Fußballstadions an der Hafenstraße in Essen, gelinde gesagt, nicht alles rund lief, ist inzwischen verbrieft. Der Abschlussbericht des Rechnungsprüfungsamtes hat dies eindrucksvoll belegt. Was die städtischen Prüfer nicht ans Licht brachten: Der Abriss des altehrwürdigen Georg-Melches-Stadions wirft bis heute Fragen auf.

Zur Erinnerung: Nach dem symbolischen Anstoß für den millionenschweren Neubau durch den damaligen Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger (CDU) im Sommer 2009 begann wenige Wochen später der Teilabriss der Nordtribüne. Zwei Blocks der Stehtribüne sollten auf einer Länger von 25 Metern vorzeitig abgetragen werden, da diese auf das Baufeld des geplanten Stadions ragten.

Teilabriss des Stadions wurde von GVE nicht öffentlich ausgeschrieben

Der Bauherr, die städtische Grundstücksverwaltung Essen (GVE), beauftragte damit die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE). Die EBE wiederum betraute eine Entsorgungsfirma aus Gelsenkirchen mit dem Teilabriss, ohne dass der Vergabe durch die GVE eine öffentliche Ausschreibung vorangegangen wäre. Eine solche wäre nach Einschätzung des heutigen GVE-Geschäftsführers Dirk Miklikowski allerdings zwingend erforderlich gewesen. Zwar handelt es sich auch bei der EBE um ein städtisch beherrschtes Unternehmen. Da mit Remondis jedoch ein privater Gesellschafter mit im Boot sitzt, ist die EBE nicht „inhouse-fähig“; eine Stadttochter darf der anderen deshalb nicht einfach einen Auftrag zuschanzen – in diesem Fall immerhin über 445.000 Euro.

Warum dies dennoch geschah? Diese Frage bleibt unbeantwortet. Weder der damalige EBE-Chef Klaus Kunze noch sein Pendant bei der GVE, Andreas Hillebrand, sind noch in Amt und Würden. Hinter vorgehaltener Hand wird bis heute gemunkelt, die Stadt habe mit dem Teilabriss der Tribüne Fakten schaffen wollen. Tatsächlich sollte das Stadionprojekt bald darauf ruhen, weil die Bezirksregierung die geplante Investition aufgrund der angespannten Haushaltslage vorübergehend ausbremste.

Abriss der Stehtribüne: Asbest belasteter Mörtel freigelegt

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Erst 2012 wurden die Abbrucharbeiten am Georg-Melches-Stadion fortgesetzt – durch ein namhaftes Bauunternehmen und laut GVE diesmal nach einer öffentlicher Ausschreibung. Die EBE begleitete diese Arbeiten lediglich als Gutachter. Nach Informationen dieser Zeitung kam es dabei zu erheblichen Differenzen hinsichtlich der Frage, ob schadstoffhaltiger Bauschutt fachgerecht entsorgt wird. Bei dem Abriss der Treppenstufen der Stehtribüne war demnach mit Asbest belasteter Mörtel freigelegt worden. Wie die für Arbeitsschutz zuständige EBE-Abteilung bemängelte, verteilten sich Mörtelreste über den Rasen des Stadions, wo sie per Hand aufgelesen wurden. Asbest gilt als krebserregend.

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Ein von der GVE beauftragtes Ingenieurbüro widersprach heftigst: Asbesthaltiges Material sei sehr wohl ordnungsgemäß verpackt und entsorgt worden. Mitarbeiter der Abbruchfirma hätten es unter Vollschutz entfernt. Mörtel, der sich auf dem Rasen fand, sei nicht belastet gewesen.

EBE und GVE schalteten Umweltbehörde nicht ein

War alles nur ein Missverständnis? Der Anregung des Arbeitsschutzes, gegebenenfalls die Untere Abfallwirtschaftsbehörde der Stadt hinzuzuziehen, folgten EBE und GVE nicht. Der Behörde ist bis heute von einem Disput über die fachgerechte Entsorgung von Asbest nichts bekannt. Laut GVE-Chef Miklikowski liegen alle Entsorgungsnachweise vor. Warum die Stadttochter seinerzeit aber Angaben über die zu entsorgenden Asbestmengen aus dem Leistungsverzeichnis der Ausschreibung hatte streichen lassen, bleibt offen.

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Nicht verifizieren ließ sich, dass der Abbruch des verbliebenen Teils der Nordtribüne die GVE deutlich günstiger kam als das, was sie der EBE gezahlt hatte. Die Kosten für den Abriss der Georg-Melches-Stadions ließen sich nicht unterteilen. Sie belaufen sich – inklusive Erdarbeiten – auf 2,79 Millionen Euro. Mit dem Bauschutt wurde laut GVE übrigens das Gelände vor dem neuen Stadion aufgeschüttet. Heute parken darauf Autos.