Essen. . Der Essener Immobilien-Markt läuft auch in diesem Jahr gut. Günter Bergmann von der Sparkasse erklärt, was den Markt antreibt und was die Essener suchen.

Günter Bergmann leitet seit 27 Jahren die Immobiliensparte der Sparkasse Essen. Der gebürtige Essener kennt das Maklergeschäft also aus dem Effeff. Janet Lindgens sprach mit dem 58-Jährigen über den Markt und die Trends.

Herr Bergmann, wie läuft das Immobiliengeschäft nach dem Rekordjahr 2014?

Günter Bergmann: Gut. Wir werden als Sparkasse dieses Jahr Immobilien im Wert von über 100 Millionen Euro vermittelt haben, nach rund 90 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Die Nachfrage ist also weiter da. Unabhängig von den niedrigen Zinsen, die den Markt befeuern, gibt es mehr und mehr die Bereitschaft, sich von seiner Immobilie zu trennen. Das war früher anders. Da stieg man mit einer Mietwohnung ein, kaufte sich dann das Einfamilienhaus und blieb dort so lange wohnen, wie es ging. Heute kaufen sich Menschen eine Lebensphasen-Immobilie.

Es heißt, selbst im Alter von über 70 Jahren kaufen sich Essener noch eine Eigentumswohnung

Richtpreise für Immobilien

Gebrauchtimmobilie: 1500 bis 2000 Euro pro qm, Neubauimmobilie: 2800 bis 3500 Euro pro qm, Neubau am Wasser: 3500 bis 5000 Euro.

Die Sparkasse dazu: „Durchschnittspreise können gute Anhaltspunkte sein. Drastische Abweichungen nach oben oder unten sollten die Wachsamkeit des Erwerbers schärfen.“

Bergmann: Das ist so. Ich hätte nicht geglaubt, dass sich jahrelange Hauseigentümer plötzlich in einer Eigentümergemeinschaft zurecht finden können und mit Nachbarn auf engstem Raum leben wollen. Aber vielen ist wichtig, dass sie im Alter nicht mehr von ihrem Haus oder Garten bestimmt werden. Denen ist das lästig geworden.

Was suchen solche Kunden?

Bergmann: Die Wohnungen müssen barrierefrei mit Aufzug sein. Viele wollen eine großzügige Terrasse und auch die Lage ist wichtig. Sie wollen nicht an einer Hauptverkehrsstraße wohnen. Ich gebe zu, die Arbeit mit älteren Kunden ist deutlich anspruchsvoller. Sie sind zwar kapitalkräftig, aber auch ausgeschlafen und kritisch. Sie kommen aus einer komfortablen Wohnsituation und wenn sie sich für etwas entscheiden, dann muss das auch passend sein. Aber mir macht das Spaß.

Gibt es überhaupt genügend Angebot für solche Immobilien?

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Bergmann: Es könnten ruhig mehr sein. Aber dass nicht noch mehr gebaut wird, liegt an fehlenden Grundstücken. Das ist der Engpassfaktor.

Welche Trends gibt es noch, wenn sich Essener ein Häuschen oder eine Wohnung kaufen?

Bergmann: Die Grundrisse haben sich grundlegend verändert. Eine offene Küchenlösung wäre vor fünf oder sechs Jahren noch schwierig zu vermitteln gewesen. Heute aber ist die Küche Erlebnis- und Kommunikationsraum. Da wird viel mehr investiert. Das gilt auch für Bäder, die gern zu einer Wellness-Oase hergerichtet werden. Eine große, bodengleiche Dusche ist heute Standard. Und was noch auffällig ist: Die Essener suchen die Urbanität. Das sieht man an der Entwicklung im neuen Univiertel.

... an die Sie damals so nicht geglaubt haben.

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Bergmann: Ja, ich war der größte Skeptiker. Ich habe mich damals gefragt, wo die Familien ihre Kinder zur Schule oder in die Kita schicken sollen. Zudem ist das Umfeld ja sozial durchaus anders geprägt, als die Zielgruppe, die dort kaufen sollte. Wie sich heute herausstellt, sind das sehr tolerante Leute, die außerdem kurze Wege lieben. Und viele sind älter als 40 Jahre. Damit stellte sich das Thema Kinderbetreuung also gar nicht. Das Projekt wurde zum Selbstläufer. Und unser Mut wurde belohnt.

Kommt denn in nächster Zeit noch Interessantes auf den Markt?

Bergmann: Wir als Sparkasse stehen in Gesprächen. Vielleicht wird sich in Rüttenscheid etwas tun. Auch in Steele sind wir an einer Lückenbebauung dran. Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass uns der Neubaunachschub nicht ausgeht.

Derzeit erlebt besonders Rüttenscheid einen Bauboom. Was macht das mit den Preisen?

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Bergmann: Solange wir ein niedriges Zinsniveau haben, werden wir dort auch eine stabile Nachfrage haben. Rüttenscheid ist ein super Mikrostandort, an dem es noch Nachholbedarf gibt. Da bin ich also nicht bange. Es wäre zwar ungeschickt, wenn alle Neubauvorhaben auf einmal auf den Markt kämen. Aber ich erlebe eher, dass dies sukzessive erfolgt.

Wie haben sich gerade im Süden die Preise entwickelt?

Bergmann: Bei neuen Eigentumswohnungen geht unter 3000 Euro pro Quadratmeter kaum noch etwas. Vor einigen Jahren haben wir da noch bei 2300 Euro angefangen.

Dennoch wollen alle in den Süden. Stimmt das weiterhin, oder welche Stadtteile holen auf?

Bergmann: Der Nordwesten hat schon aufgeholt. Er braucht sich hinter dem Süden nicht zu verstecken. Es gibt auch eine gute Nachfrage im Nordosten. Dort verkaufen wir aber eher Häuser. Eigentumswohnungen gehen dort schlechter oder zu niedrigeren Preisen.

Was ist mit Problemvierteln wie Altendorf?

Bergmann: Vor Jahren ging in Altendorf gar nichts oder richtiger – es war ein schwieriges Pflaster. Da gab es praktisch kaum Nachfrage. Das ändert sich langsam. Häuser in Altendorf sind handelsfähig geworden, wenn dort vernünftig investiert wurde und sie in Uninähe liegen.

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Man hat das Gefühl, dass die Käufer bei den angebotenen Immobilien immer schneller zuschlagen. Täuscht der Eindruck?

Bergmann: Die Umschlaggeschwindigkeit – also vom Auftrag bis zum Notartermin – beträgt normal etwa sechs Monate. Aktuell liegen wir bei drei bis vier Monaten. Doch gerade bei Bestandsimmobilien sollte man genau hinschauen, was an Umbau und Sanierung dazukommt. Das geht nicht ohne Beratung.

Wie werden sich die Preise entwickeln?

Bergmann: Bei Gebrauchtimmobilien sehe ich weiter ein moderates Preiswachstum um zwei bis drei Prozent. Bei den Neubauten ist das lageabhängig und kann auch deutlich über 3000 Euro gehen. Generell gilt: Bei einem stabilen Zinsniveau bleibt der Immobilienkauf bezahlbar.