Essen. Die Verurteilung des Unternehmens MM-Bus wegen sittenwidriger Bezahlung zeigt laut Verdi, dass öffentliche Auftraggeber nicht genau hinschauen.

Die sittenwidrige Bezahlung einer Busbegleiterin beim Mesenhohl-Tochterunternehmen MM-Bus hat ein Nachspiel. „Was dort passiert ist, ist verwerflich“, sagte der für den Verkehrsbereich zuständige Verdi-Sekretär Rainer Sauer. Er fordert von der Stadt und der Politik, aus dem Fall deutliche Konsequenzen zu ziehen. So solle sich der Rat der Stadt ausdrücklich dafür stark machen, dass öffentliche Aufträge tatsächlich nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich an Tarifverträge halten. Zwar hat die Stadt sich einen entsprechenden Kodex bereits gegeben, der auch für die Stadttöchter gilt. „Es wird aber offensichtlich nicht gut genug hingeschaut“, meint Sauer.

MM-Bus fährt im Auftrag der Evag und des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) Schüler und Behinderte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte MM-Bus diese Woche wegen sittenwidriger Bezahlung einer Busbegleiterin verurteilt. Die Frau, die neun Monate bei dem Krayer Unternehmen beschäftigt war, erhielt zwischenzeitlich einen Stundenlohn von 3,40 Euro. Allerdings liegt der Fall bereits drei Jahre zurück. Erst nach mehreren Klagen vor Gericht hatte MM-Bus im August 2012 seinen Mitarbeitern einen Arbeitsvertrag vorgelegt, der einen Stundenlohn von 9 Euro vorsieht. Offenbar aber nur auf dem Papier. Denn während MM-Bus eine tägliche Arbeitszeit von nur zwei Stunden vergütete, arbeitete die Frau tatsächlich 4 Stunden 25 Minuten. Darüber hinaus gab es keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub.

Der Fall der Busbegleiterin war dabei kein Einzelfall. Der Arbeitsrechtsanwalt Peter Bühner vertritt noch gut zwei Dutzend betroffene Busfahrer und -begleiter. Viele von ihnen sind geringfügig beschäftigt und stocken ihren Lohn mit Hartz IV auf.

LVR will Auftragsvergabe prüfen

Deshalb ist nun auch das Jobcenter hellhörig geworden. „Die Kollegen des Sonderleistungsteams haben zu dem Fall bereits recherchiert. Allerdings liegt uns noch kein schriftliches Urteil vor“, sagte eine Sprecherin. Darüber hinaus wollte sie aus datenrechtlichen Gründen keine Angaben zu MM-Bus machen. Grundsätzlich aber prüfe das Jobcenter Hinweise darauf, ob zu viel Hartz IV gezahlt wurde. „Die Ansprüche des Kunden gegen den Arbeitgeber gehen dann auf das Jobcenter über und wir verfolgen dies notfalls bis zu den Gerichten“, so die Sprecherin. Außerdem gebe man Hinweise auch an das Hauptzollamt weiter, das gegen Sozialbetrug und Mindestlohnverstöße vorgeht.

Auch der LVR verfolgt die neuesten Entwicklungen bei MM-Bus mit Aufmerksamkeit. Obwohl die Vorwürfe längst bekannt waren, hatte der LVR erst Mitte des Jahres nach einer Ausschreibung den Auftrag an MM-Bus erneut vergeben. Die Krayer waren offensichtlich wieder die günstigsten Anbieter. Eine Sprecherin kündigte jedoch an, dass der LVR nach dem BAG-Urteil den Fall prüfen werde. Ob und welche Konsequenzen die Stadt bzw. die Evag ziehen, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen.