Essen. . Neue Ehrenordnung macht Politikern Vorgaben bei Beraterverträgen, Einladungen oder Präsenten. Kein Thema sind Jobs für Verwandte bei Stadt oder Stadttöchtern.
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, sagt der Volksmund. Nur ist das mit Präsenten so eine Sache, wenn der Beschenkte ein öffentliches Mandat inne hat. Rats- und Bezirksvertreter bewegen sich auf einem schmalen Grat. Denn mitunter ist es nur ein kleiner Schritt vom einer kleinen Aufmerksamkeit bis zum Vorwurf der persönlichen Vorteilsnahme.
Orientierungshilfe und mehr Rechtssicherheit soll den Mitgliedern deshalb eine Neufassung der Ehrenordnung bieten, die dem Hauptausschuss des Rates heute zur Abstimmung vorliegt und die für mehr Transparenz sorgen soll.
Die Stadt reagiert damit einerseits auf strengere gesetzliche Vorgaben des Landes zur Bekämpfung von Korruption und will andererseits Lehren aus den Skandalen bei städtischen Tochtergesellschaften ziehen. Schon bisher war es Pflicht für Mitglieder von Rats- und Bezirksvertretungen, dem Oberbürgermeister Verträge mit der Stadt und deren Tochtergesellschaften anzuzeigen. Neu ist: Übersteigen die so erzielten Einkünfte 500 Euro im Monat oder 6000 Euro im Jahr, muss der Mandatsträger auch angeben, wie viel genau ihm der „Nebenjob“ einbringt.
Mehrheit im Rat gilt als sicher
Auch zu Geschenken und Dienstreisen macht die neue Ehrenordnung Vorgaben. Dienstreisen bedürfen der Genehmigung des Hauptausschusses. Geschenke dürfen Mandatsträger nur annehmen, wenn das Präsent einen Wert von 25 Euro nicht übersteigt. Ein Blumenstrauß zum Geburtstag bleibt also möglich. Auch Einladungen oder Freikarten zu Veranstaltungen dürfen angenommen werden. Vorausgesetzt, die Eintrittskarte ist nicht teurer als 50 Euro. Wiederholte Einladungen sind dem Ältestenrat, einer Art Ehrengremium des Rates, allerdings anzuzeigen. Die allzu üppige Vergabe von Fußballkarten durch die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) wirkt offenbar nach.
Schon die 1999 verabschiedete und bis heute gültige Ehrenordnung machte den Mandatsträgern Vorgaben, zum Beispiel für den Umgang mit Beraterverträgen. So hatte der damalige SPD-Ratsherr Harald Hoppensack seine EBE-Beschäftigung, wo er als Berater für IT-Dienstleistungen engagiert war, sehr wohl angegegeben. Dass die EBE ihren Berater eine sechsstellige Summe im Jahr zahlte, war daraus aber nicht ersichtlich. Als das üppige Honorar öffentlich wurde, nahm der Skandal seinen Lauf.
Die Neufassung soll mit Hilfe einer - wie es heißt - in Compliance-Fragen versierten Rechtsanwaltskanzlei formuliert worden sein, eine Mehrheit im Rat gilt als sicher.
Ein "Zuviel an Transparenz"
Allein den Partei-Piraten geht die Ehrenordnung nicht weit genug. Fraktionschef Kai Hemsteeg fordert eine Anzeigepflicht auch für den Fall, dass nahe Verwandte von Mandatsträgern bei der Stadt oder deren Töchtern beschäftigt sind. Denn in der Bevölkerung wachse der Unmut über die vermeintliche Bevorzugung von Familienmitgliedern, glaubt Hemsteeg. Auskunft verlangt seine Fraktion auch über finanzielle Abhängigkeiten ehrenamtlicher Mandatsträger – über Verträge mit Fraktionen, Abgeordneten oder politischen Stiftungen.
SPD und CDU sehen hier ein Zuviel an Transparenz. Jörg Uhlenbruch, Fraktionschef der Christdemokraten, warnt davor Kommunalpolitiker „unter Generalverdacht“ zu stellen. Letztlich sei jeder einzelne immer seinem Gewissen verantwortlich.