Essen. Fünf Jahre Haft für den Mann, der auf seinen Mitpatienten in der Klinik eingestochen hatte, weil dieser sich über sein Rauchen beschwert hatte.

Der Angeklagte nickte zustimmend, als er das Urteil des Schwurgerichtes hörte. Aber auch sein Opfer nickte. Offenbar hatten die Richter beide erreicht, als sie über den langjährigen Drogensüchtigen Sven B. (41) entscheiden mussten, der im Elisabeth-Krankenhaus auf seinen Mitpatienten eingestochen hatte. Fünf Jahre Haft wegen versuchten Totschlags bekam er und dazu die Chance, sich in einer Therapie von seiner Drogensucht zu befreien.

Am 23. Mai waren Täter und Opfer zufällig aufeinander getroffen. Das Opfer, ein 52 Jahre alter Kripo-Beamter, erholte sich in einem Zimmer der halbintensiven Station von einer Darmoperation. Neben ihm lag Sven B., der sich wegen Asthma nach einer auf der Straße verbrachten Nacht selbst ins Elisabeth-Krankenhaus eingeliefert hatte. Er war auf Entzug, beschimpfte das Pflegepersonal, verlangte den Drogenersatzstoff Polamidon – und zündete sich im Bett eine Zigarette an.

20 Jahre Abhängigkeit

Als der Kripo-Beamte sich darüber beschwerte und eine Schwester dem Raucher Zigaretten und Feuerzeug wegnahm, rastete Sven B. aus. Richter Andreas Labentz: „Der Höhepunkt seiner Erregung war erreicht.“ Er holte ein Messer aus seinem Rucksack und stürzte an der spanischen Wand vorbei auf seinen Zimmernachbarn zu. „Wutverzerrt“ war sein Gesicht. Er versuchte in den Brust- und Halsbereich seines Opfers zu stechen, doch der Polizist wehrte sich trotz Rückenlage und vieler Schläuche an seinem Körper wacker. Auf seine Schreie eilten Pfleger herbei, die Sven B. überwältigten.

Richter Labentz stellte anfangs klar, dass der Angeklagte im Krankenhaus keinesfalls falsch behandelt worden sei. Aber er hätte den Ärzten wichtige Informationen vorenthalten. So habe Sven B. im Krankenhaus heimlich Psychopharmaka geschluckt und sei nach draußen gegangen, um Alkohol zu besorgen. Labentz: „Das alles geschah hinter dem Rücken der Ärzte. Sie dachten, sie müssten ihn nur wegen seiner Beschwerden beim Alkoholentzug behandeln.“

Eindringlich wies er den Angeklagten auf die Chance der angeordneten Therapie hin. Es sei sicher schwer, nach 20 Jahren Abhängigkeit ein Leben zu ändern. Schaffe er dies, sei er nach zwei Jahren frei. Arbeite er aber nicht mit, könne die Therapie auch schnell beendet werden. Dann müsse er die komplette Strafe im Gefängnis absitzen.