Essen. . Ein Jahr hat Joelina Arndt aus Essen in Nishnij Nowgorod in Russland gelebt. In einer Schule hat sie Kinder mit Behinderung betreut.
Extrem kalt, extrem heiß, extrem anders – so lassen sich die vergangenen zwölf Monate von Joelina Arndt beschreiben. Für ein Jahr hat die 19-Jährige ihr Zuhause in Essen gegen eine Wohngemeinschaft im russischen Nishnij Nowgorod getauscht. Die Partnerstadt von Essen hat mehr als 1,5 Millionen Einwohner und liegt östlich von Moskau. „Vor dem Osten hatte ich keine Scheu“, erklärt Joelina. „Ich wollte etwas anderes machen.“
Organisiert haben das Freiwillige Soziale Jahr die Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung und die Evangelische Kirche Rheinland. Im September 2014 ging es für Joelina los: Mit drei anderen Freiwilligen reiste sie nach Russland. „In Nishnij habe ich in einer Schule für Kinder mit Behinderung gearbeitet“, berichtet die 19-Jährige. „Die meisten waren geistig behindert und konnten nicht sprechen.“ In ihrer Klasse seien sieben Kinder gewesen, im Alter von sieben bis zehn Jahren. „Ich habe mit ihnen gespielt und sie im Unterricht unterstützt.“
Die Feiertage spielen eine wichtige Rolle in Russland
Freiwilliger in Nishnij werden
Wer 2016 nach Nishnij Nowgorod reisen will, kann sich bis Ende 2015 schriftlich bei der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung bewerben.
Die Bewerber müssen zum Zeitpunkt der Ausreise volljährig sein.
Die Deutsch-Russische-Gesellschaft bietet eine Stelle in einem Waisenhaus an, eine in einem Kindergarten und zwei in Schulen für Kinder mit Behinderung.
Der Einsatz dauert ein Jahr und beginnt im September.
Mehr Infos im Netz gibt es auf www.deutsch-russische-begegnung.de.
Ein wichtiger Programmpunkt im russischen Schulleben seien die Feiertage gewesen. „Die Kinder wurden extra dafür angezogen und es wurden viele Fotos gemacht“, erzählt Joelina. Das sei typisch russisch: „Alles soll nach außen ganz hübsch aussehen, aber innen sieht es oft anders aus.“ Allein dass die Schule „Korrekturschule“ heiße, sage viel aus. „Viele Russen denken tatsächlich, die Kinder müssten korrigiert werden“, sagt die 19-Jährige. Behinderte würden auf der Straße oft angestarrt oder beschimpft.
Eine extreme Erfahrung war für Joelina auch der Tag des Sieges. Jedes Jahr am 9. Mai feiern die Russen den Sieg über das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg. „Es gibt Paraden mit Soldaten, Panzer fahren durch die Straßen und sogar die Kinder tragen Uniformen“, berichtet Joelina. Die Botschaft, die bei ihr angekommen sei: „Wir haben damals gewonnen, wir könnten es jederzeit wieder.“ Das sei nicht der richtige Gedanke, meint die Essenerin.
Russland ist für Joelina ein Reiseland
Anders als viele ältere, würden die jungen Russen aber Richtung Europa blicken. „Wenn sie hören, dass man aus Deutschland ist, sind sie ganz lieb und interessiert“, erzählt Joelina. Generell seien die Russen sehr gastfreundlich und großzügig. „Ich habe in dem Jahr viele gute Freunde gefunden.“
Die junge Essenerin sei auch viel gereist. „Russland ist ein tolles Land zum Reisen“, meint Joelina. Umso bedauerlicher sei es, dass dieses Jahr kein Freiwilliger aus Deutschland in Nishnij ist – das erste Mal seit 24 Jahren. „Die Stadt hat vor allem für junge Leute so viel zu bieten“, sagt Joelina. Wer offen und kontaktfreudig sei, finde schnell Anschluss. „Ich würde mich freuen, wenn sich für nächstes Jahr wieder ein Freiwilliger findet.“ Den Schülern aus ihrer Schule geht es wahrscheinlich ähnlich.