Essen. Am Schauspiel Essen hat Yasmina Rezas Komödie „Kunst“ Erfolgsgeschichte geschrieben. Anne Spaeter stellt sich der Neuinszenierung im Grillo-Theater
Ist das Kunst oder kann das weg? Eine Frage, die sich beim Betrachten dieses Werkes nie gestellt hat. In 20 Jahren wurde die Komödie „Kunst“ zum Klassiker und machte die Autorin Yasmina Reza weltberühmt für Abgründe unter federleichter Oberfläche und blitzgescheite Wortgefechte. Ein riesiger Erfolg wurde sie in Essen. Zehn Jahre war „Kunst“ in der Inszenierung des ehemaligen Intendanten Jürgen Bosse zu sehen. Die hochgelobte Besetzung mit Matthias Kniesbeck, Berthold Toetzke und Michael Schütz brannte sich ins lokale Gedächtnis ein. Nun nimmt Regisseurin Anne Spaeter die Herausforderung einer Neuinszenierung im Grillo-Theater an.
,Kunst’ ist legendär in Essen
Sie lacht. „Ich weiß, ,Kunst’ ist legendär in Essen. Das hat mir Respekt eingeflößt. Angst macht es mir keine“, sagt Anne Spaeter mit einem Selbstbewusstsein, das sie sich erarbeitet hat. Nach dem Studium „English with Drama“ in England heuerte sie als Regieassistentin beim Kinder- und Jugendtheater in ihrer Geburtsstadt Kiel an und nennt die Zeit „stilprägend“. Rhythmus und Körperlichkeit sind ihr seither ebenso wichtig wie Teamgeist. Im Theater Krefeld/ Mönchengladbach schwamm sie sich frei, wurde mit dem Joachim-Fontheim-Preis für „Kaspar Häuser Meer“ bedacht. Es folgten Produktionen wie „Waisen“ in Wilhelmshaven, „Jim Knopf“ in Essen oder die Uraufführung von „Echt arm“ in Kiel. Und jetzt „Kunst“, ihre erste Komödie.
Sie ärgert sich über Sprüche wie: „Das spielt sich ja von selbst“. „Das ist tatsächlich harte Arbeit. Das Stück kommt so leicht daher, aber es steckt viel dahinter und verlangt einem eine große Genauigkeit ab“, betont die 37-Jährige. „Es ist eine großartig angelegte, scharfzüngige Menschenstudie.“ Denn um Kunst geht es in „Kunst“ nur am Rande. Auch bei Anne Spaeter. Sie ist lediglich der Aufhänger für eine Komödie, bei der nicht weniger als drei Freundschaften auf dem Spiel stehen. „Es geht um das Fragile in Freundschaft, um Verlogenheit und Ehrlichkeit“, so Anne Spaeter. Denn Feingeist Serge hat sich ein sündhaft teures, weißes Bild gekauft, über das sich streiten lässt. Alphatier Marc nimmt da kein Blatt vor den Mund. Und der zurückhaltende Yvan gerät zwischen die Fronten. „Es wird immer verletzender. Erst wird verbal ausgeteilt, dann mit Handgreiflichkeiten.“
Eine Traumbesetzung
Der Schlagabtausch findet vor allem in einem weißen, von Fabian Lüdicke im extravaganten Bauhausstil eingerichteten Wohnzimmer statt. Die Drehbühne offenbart zwei weitere Orte, doch nicht das weiße Bild. „Damit haben wir eine starke Setzung gemacht. Trotzdem stellt sich die Bühne nie über das Spiel“, meint die Regisseurin und denkt dabei an die Akteure. Mit Thomas Büchel, Jan Pröhl und Gregor Henze habe sie eine Traumbesetzung: „Das passt wie gespuckt.“ Muss es auch. Denn mit ihnen steht oder fällt die Komödie. „Wir sind sehr in die Psychologie der Figuren eingestiegen. Da sollte man aufpassen, dass man sich die Leichtigkeit nicht verstellt.“
Die Wachsamkeit für diese Gratwanderung hat sich Anne Spaeter über die Proben hinweg erhalten. Ihr Zugang zur Kunst war schon vorher da. In ihrer Wohnung in Berlin hängen Werke von Freunden. „Ich habe mir noch nie etwas gekauft. Nicht mal ein Poster“, sagt sie. Wozu Freunde doch gut sind.