Essen. . Jugendliche, die notorisch den Besuch zur Schule verweigern, können durch Arbeit im Grugapark einen Neustart versuchen – nicht selten mit Erfolg.

Irgendwann beschloss Anna (Name geändert), nicht mehr zur Schule zu gehen. Morgens blieb sie einfach liegen. War relativ einfach, denn ihre Eltern waren ja immer schon aus dem Haus, arbeiten, wenn die Tochter eigentlich aufstehen sollte. „Ich blieb dann in meinem Zimmer“, erzählt die 16-Jährige, „habe stundenlang gezeichnet, gelesen und Musik gehört.“

Anna trägt jetzt eine grüne Latzhose und fegt Laub im Grugapark. Sie sieht aus wie eine Auszubildende, vielleicht Gartenbau oder so etwas. In Wahrheit ist Anna aber eine Teilnehmerin des Projekts „SuBo“ von Jugendamt und Jugendhilfe. „SuBo“ steht für „Sozialstunden und Berufsorientierung“.

Wer so oft die Schule schwänzt, dass seine Eltern zu saftigen Bußgeldzahlungen herangezogen werden, der kann per Jugendgerichts-Entscheid zu Sozialstunden verdonnert werden. „SuBo“ schickt solche Schulschwänzer in den Grugapark. Unter fachlicher Anleitung pflegen Jugendliche den Bereich rund um einen Teich hinterm Hundertwasserhaus. „Für den Grugapark“, sagt Mitarbeiter Thomas Hanster, „ist das nur positiv.“ Rund 80 Jugendliche, im Schnitt 15 Jahre alt, haben in drei Jahren „SuBo“ durchlaufen, die meisten haben durchgehalten. „Die Probleme, die hinter dem Phänomen Schulschwänzen stecken, sind vielschichtig“, sagt Andrea Becker, Bereichsleiterin bei der Jugendhilfe.

Eine tieftraurige Geschichte von Einsamkeit

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Anna blieb zuhause, denn sie hielt das Mobbing nicht mehr aus. Sofort laufen ihr Tränen über die Wange, als sie ihre Geschichte erzählt. Es ist eine tieftraurige Geschichte, die von Einsamkeit handelt und davon, dass schutzbedürftige Kinder und Jugendliche an Schulen manchmal einfach nicht gehört werden. Dass auch Gespräche mit Vertrauenslehrern nichts bringen.

Dass sich Täter jahrelang folgenlos austoben können. Schon in der vierten Klasse, sagt Anna, sei sie auf dem Weg nach Hause mal zusammengeschlagen worden von Mitschülern. Auf dem Gymnasium ging es weiter, einige Jungs aus der Parallelklasse hatten es auf sie abgesehen. Flüsterten ihr im Reli-Unterricht stets nervige Sachen ins Ohr. Anna ließ sich umsetzen, beschwerte sich bei Lehrern, doch die anderen hörten nicht auf.

Hoffnung auf den Hauptschulabschluss

Ihre Leistungen, sagt Anna, waren „durchschnittlich“, doch sie wechselte auf die Realschule, dort wurde sie wenig später wieder zum Opfer. „Ich habe mich an die Sozialarbeiterin der Schule gewandt, doch das hat nichts geändert“, sagt Anna. Und obwohl sie durchaus Lieblingsfächer hatte, Sport und Kunst, Musik und Mathe, fällte sie den Entschluss, nicht mehr hinzugehen.

Zuhause fiel das erst mal nicht auf, ihre Eltern waren gerade zu sehr mit sich selbst beschäftigt, die Trennung lief. Ihr Vater stand irgendwann ratlos vor seiner Tochter, bezahlte einen Bußgeldbescheid von 400 Euro wegen der vielen Fehlstunden, den zweiten in derselben Höhe wandelte die Jugendgerichtshilfe um in 60 Sozialstunden. So kam Anna zu „SuBo“.

Ihr Vater ist heute weggezogen, Anna lebt bei ihrer Patentante. Und hofft auf einen Hauptschulabschluss, besucht jetzt die spezielle Klasse in einer Gesamtschule, wo Jugendliche mit ähnlichen Problemen sind. „Die Arbeit im Grugapark“, sagt sie, „hat mir erstmals wieder Selbstvertrauen gegeben.“