Essen. Skulptur von Markus Lüpertz soll im Herbst 2016 am Essener Theaterplatz aufgestellt werden .„Uranos“ verkörpert den Abschied vom Steinkohlebergbau.

Heute ist Markus Lüpertz einer der erfolgreichsten lebenden deutschen Künstler, manche nennen ihn sogar einen Malerfürsten. Einer, der mit Maßanzug, Siegelring und Gehstock auftritt, immer der bestgekleidetste Mann im Saal. Aber aus seiner Herkunft macht der 74-Jährige heute keinen Hehl mehr. Lüpertz kennt das Leben auch von ganz unten. Wenn er als junger Kunststudent Geld verdienen musste, dann hat er unter Tage gearbeitet, damals in der Gelsenkirchener Zeche Scholven. Diese „Männerarbeit, die ich im Nachhinein sehr geliebt habe“, lässt ihn bis heute nicht los. Und so ist der „Uranos“ entstanden, griechischer Gott des Himmels, Ur-Göttervater, der sein Söhne unter die Erde verbannte und von seinem eigenen Nachkommen Kronos entmannt wurde. Im Herbst 2016 soll dieser riesige „Uranos“ in der Innenstadt zwischen National-Bank und Grillo-Theater Aufstellung nehmen. Die kolossale Bronzeskulptur steht für den Abschied vom Steinkohlebergbau und ist damit der kleine Nachbar vom „Herkules“, der seit 2010 bereits auf dem Dach der Zeche Nordstern wacht und die gewaltige Aufgabe des Strukturwandels symbolisiert. Denn wenn 2018 im Ruhrgebiet endgültig der Deckel auf den Pütt kommt, geht auch für Lüpertz ein persönliches Stück Zeitgeschichte zu Ende.

Markus Lüpertz und „Uranos“.
Markus Lüpertz und „Uranos“. © Ulrich von Born

1941 in Böhmen geboren, mit sieben nach Deutschland gekommen und bei der Großmutter in Bottrop und Scholven aufgewachsen, verbindet der langjährige Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie mit dem Revier prägende Eindrücke. „Essen war für uns damals die Hauptstadt“, erinnert sich Lüpertz an seine Jugend im Ruhrgebiet. Eine Kindheit ohne Kunst, sondern mit Kohlen-Deputat, Tanzabenden bei Vennemann und den Brieftauben von Onkel Otto. „Im Nachhinein eine romantische Geschichte, aber es war auch brutal“, sagt Lüpertz.

Doch für einen, der „historisch denkt“ wie der 74-Jährige, sind solche Bilder von ganz tief unten immer noch Futter für die Kreativität. „Wenn man da unten Kohle schaufelt, kann einem schon die Phantasie durchgehen“, lacht der Meister. Und so hat der „Uranos“ Gestalt angenommen: 3,80 Meter hoch, knapp 700 Kilo schwer und mit seiner feuergelben Hand und der abgedunkelten Augenpartie eine gigantische Erinnerung an das Nachtschwarz und den Aufstieg ans Licht.

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„Eine Skulptur, wie eine Skulptur zu sein hat“, zeigt sich der Künstler zufrieden mit seiner jüngsten Arbeit. Und deshalb wird „Uranos“ noch eine Weile durch die Museen wandern, Berlin, Duisburg, Karlsruhe, bevor er ab Herbst 2016 seine Heimat am Theaterplatz finden soll.

Thomas Lange von der Essener National-Bank, die das Kunstwerk in Auftrag gegeben hat und in Zukunft auch die Pflege der Bronze übernimmt, hat im Vorfeld bereits einige Sondierungs-Gespräche geführt. Schließlich sind Lüpertz-Skulpturen im öffentlichen Raum nicht immer unumstritten. Salzburg war über den „Mozart“ anfangs nicht erfreut, Augsburg votierte gar gegen die „Aphrodite“. Damit sich die Essener mit ihrem neuen Bronze-Gott schon mal anfreunden können, zeigt das Museum Folkwang „Uranos“ bis zum 26. Oktober im Rahmen einer kleinen Werkschau. Ob der Malerfürst mit Malocherherz in Essen irgendwann noch umfänglicher präsentiert wird, bleibt abzuwarten. 2016 wird Lüpertz’ 75. Geburtstag zunächst in der Duisburger Küppersmühle gefeiert.