Essen. Peter Herborn, Gründungsvater des Studiengangs Jazz an der Folkwang-Uni und Initiator der Reihe „Jazz in Essen“, bekommt den „18. Jazz-Pott“.

Wer weiß, wie Essen heute auf der Landkarte des Jazz dastünde, gäbe es nicht Peter Herborn. Am Samstag erhält der gebürtige Rüttenscheider und international renommierte Komponist im Grillo-Theater den „18. Jazz Pott“. Und bedankt sich zur Saison-Eröffnung der 1984 von ihm gegründeten Reihe „Jazz in Essen“ mit einer Weltpremiere.

Zwar macht der Professor für Jazz-Komposition / Arrangement, Theorie, Ensemble und Bigband-Leitung am Studiengang Jazz der Folkwang-Universität aus seiner Biografie kein Geheimnis, dennoch weiß kaum jemand, dass Peter Herborn kein studierter Musiker ist. „Das stimmt“, sagt er und lacht er: „Ich bin Autodidakt. Alles, was ich als Komponist kann, habe ich mir selbst beigebracht.“ Dafür habe er sich Noten aus Amerika besorgt, die Musik aufgelegt und mit dem Kopfhörer auf den Ohren zu verstehen versucht, was da musikalisch ablief. Eindeutig erfolgreich, denn sein 1995 erstmals erschienenes Buch „Jazz Arrangement“ zählt längst zu den Standardwerken des Genres.

Zeitgenössische Komposition mit Jazz kombiniert

Aufgewachsen wie so viele seiner Generation mit den Beatles und Stones, entdeckt er mit 17 Jahren den Jazz für sich. Legendär wird in den 1980er Jahren seine Formation „Noctett“ mit dem Pianisten Thomas Hufschmidt. „Wir haben regelmäßig geprobt“, erinnert sich Herborn, der damals noch Posaune spielte, „und jede Menge einfach ausprobiert. Davon haben wir alle sehr profitiert.“ Seine Studenten dagegen würden nur dann gemeinsam spielen, wenn sie mal einen Job hätten, so der Gründungsvater des Studiengang Jazz an der Folkwang-Uni mit mildem Unverständnis.

Preisträger-Konzert

Beim Preisträger-Konzert bringt Herborn am Samstag, 26. September, 20 Uhr, führende Jazzsolisten mit einem Vokalensemble der Extraklasse zusammen. Das Konzert wird aufgezeichnet und am 21. Oktober ab 20.05 Uhr auf WDR 3 gesendet. Karten (22 Euro): 8122-200.

Die traditionsreiche Reihe „Jazz in Essen“ wird in Zukunft von der Krupp-Stiftung gefördert.

Nach einigen weltweit erfolgreichen Platten für das Münchener Label JMT beschließt Peter Herborn 1994, nur noch als Komponist und Arrangeur tätig zu sein. Seither entstanden neben einer Oper, Kammer- und Bühnenmusiken auch großorchestrale Werke etwa für den NDR, dem er 2010 ein Stück für Bigband, Chor und Elektronik schrieb. „Zeitgenössische Komposition mit Jazz zu kombinieren, hat mich sehr gereizt“, sagt Herborn: „So kam ich zum Chor.“

"Etwas volkstümlich"

Jetzt präsentiert er in Essen unter dem Titel „Nights, Wild Nights“ eine Auftragskomposition für den WDR Rundfunkchor Köln und ein mit Bobo Stenson, Anders Jormin, Bodek Janke und Pernell Saturnino prominent besetztes Jazzquartett. „Ich habe noch nie so schlichte Musik geschrieben – nicht so schwer zu spielen, nicht so schwer zu hören“, so der Komponist über seine Gedichtvertonungen von Emily Dickinson, William Shakespeare, Walt Whitman und Robert Louis Stevenson.

„Der französische Chorleiter sagte nur: un peu populaire – etwas volkstümlich“, lacht Herborn. Es seien halt sehr gesangliche Stücke mit improvisatorischen Momenten, einfach, aber außergewöhnlich, was man - moderiert von WDR-Moderator Matthias Bongard - bei „Jazz in Essen“ als Uraufführung erleben werde. Dass er ausgerechnet einen Tag nach seinem 60. Geburtstag den von Viktor Seroneit gestifteten „Jazz Pott“ erhalte, sei ein netter Zufall: „Ich freue mich auf das wunderbare Ambiente des Grillo-Theaters und darüber, nun mit meinen Freunden Georg Gräwe und Nils Wogram in einer Reihe zu stehen.“