Nach Konzerten: Neuer Champions-League-Rasen für Viertligist RWE
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Essen. . Nach zwei Konzerten in 14 Tagen war der Rasen im Stadion Essen hinüber. Neues Grün wurde verlegt. Die Kosten trägt der Konzertveranstalter.
Im Stadion an der Hafenstraße nennen sie ihn den Rasenflüsterer. Denn Ronny Kub hat eine seltene Gabe: Er kann das Gras buchstäblich wachsen hören. Aber was heißt bitteschön Gras? Gras, das klingt wie Wiese. Was sich da aber zu Füßen des Greenkeepers ausbreitet, sieht aus wie ein frisch verlegter Teppich. 7881 Quadratmeter Maßarbeit, zum Hinlegen schön. Rollrasen, na klar. Doch dieser hier hat mit gewöhnlicher Baumarktware so viel gemein wie ein handgeknüpfter Perser mit Fårdrup, dem Lammfellimitat von Ikea. Fast möchte man die Schuhe ausziehen.
Der alte war hinüber nach zwei Konzerten binnen 14 Tagen. Weil so ein Rasen nicht dafür gemacht ist, dass Tausende darauf ‘rumtrampeln, hieß es nach dem Gastspiel von „Unheilig“: alles muss raus. Dienstagmorgen standen die Transporter mit der neuen Auslegeware vor der Tür. Um 5.30 Uhr knipste Ronny Kub das Flutlicht an. Als er um kurz vor Mitternacht den Schalter umlegt, liegt das handverlesene Grün wie hingezaubert. Die Kosten – die Rede ist von einem hohen fünfstelligen Betrag – trägt übrigens der Konzertveranstalter.
Neuer Rollrasen für RWE
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Rot-Weiss Essen mag in der vierten Liga kicken. Was aber den Rasen angeht, spielt Essen in der Champions League. Europäische Spitzenclubs stehen auf der Referenzliste des Lieferanten aus Willich am Niederrhein: der FC Porto, Celtic Glasgow und sogar die Königlichen aus Madrid.
So eine Spielwiese will gehegt und gepflegt werden. Das haben sie an der Hafenstraße kurz nach der Eröffnung des neuen Stadions leidvoll erfahren müssen. Damals hieß es auf dem Platz Land unter. RWE lieferte sich gegen den SC Verl eine wahre Wasserschlacht. „Die schweren Mäher haben den Oberboden zusammengedrückt. Deshalb konnte das Wasser nicht ablaufen“, weiß Kub. Damit so etwas nicht wieder passiert, dafür hat der Stadionbetreiber, die städtische GVE, den erfahrenen Greenkeeper verpflichtet. Der verliert nicht viele Worte, lässt aber erahnen, dass sein Metier für ihn eine Profession ist. Vor den beiden Konzerten habe er den Rasen „auf Diät gesetzt“, damit der „sich gar nicht erst wehrt“, verrät der Fachmann dem staunenden Laien. Dem wird klar: Mit Rasenmähen ist es bei der Grünpflege an der Hafenstraße längst nicht mehr getan.
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Ja, der gelernte Forstwirt aus dem Hunsrück, dem es irgendwann zu langweilig geworden war, durch die Wälder zu streifen, kennt sich aus in Deutschlands Fußballarenen. Kub gehört zum Rasen-Kompetenz-Team der Deutschen Fußballliga (DFL); die hat sich zum Ziel gesetzt, dass in den Stadien möglichst die gleichen Spielbedingungen herrschen. Und welcher Bundesligist ist beim Rasen spitze? „Freiburg und Hoffenheim. Wolfsburg hat etwas nachgelassen.“ Über das Schlusslicht in punkto Grün schweigt er sich lieber aus. Dessen Arena liegt ganz in der Nähe und verfügt über einen ausfahrbaren Rasen. „Eine geniale Idee“, schwärmt Kub. Nur habe der Architekt einen Fehler gemacht: „Der Rasen fährt zur falschen Seite raus und liegt deshalb zumeist im Schatten.“
Auf dererlei Hightech muss Kub verzichten. Es würde ihm die Arbeit schon erleichtern, wenn sie die Rasenheizung einschalten würden. Weil das in der Regionalliga nicht vorgeschrieben ist, bleibt die Heizung kalt. Mit dem neuen Rasen aber ist der Greenkeeper mehr als nur zufrieden. Der passe besser zum Untergrund als der Vorgänger aus den Niederlanden – immerhin der WM Rasen von 2006. Der wuchs noch auf einem Kunststoffgitter. „Mit Naturrasen hatte das nicht mehr viel zu tun.“
Auf dem gleichen grünen Teppich wie an der Hafenstraße spielen sie in der Bundesliga – in Berlin, Frankfurt und im Borussiapark in Mönchengladbach. Für RWE „gibt es keine Ausreden mehr“, sagt Kub mit einem verschmitzten Lächeln. Am Rasen soll es jedenfalls nicht liegen, wenn es mit dem ersehnten Aufstieg wieder nicht klappt.
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